Serie Digitale Spiele, Teil 2: Halluzinationen all überall

Rätsel lösen in einem brennenden französischen Schloss, Drogen nehmen im Jemen oder Nahkampf in Syrien: "Uncharted 3" macht dies und noch mehr möglich.

In friedlichem Ambiente betont Nathan Drake seine Argumente. Bild: naughty dog

In "Uncharted 3" kann man viel lernen. Das hat die jüngst erschienene Fortsetzung des grandiosen Konsolenspiels "Uncharted" mit ihren Vorgängern gemein. Ferne Länder kommen uns ganz nah, komplexe Waffentechnologie wird pragmatisch handhabbar, antike Schätze wollen historisch eingeordnet, komplexe Rätsel müssen gelöst werden.

Vor allem lernt man an seinen Mitspielerinnen und -spielern ganz neue Seiten kennen: Die liebreizende Freundin zeigte bereits in "Uncharted 2" eine überraschende und für niemanden in dieser Vehemenz nachvollziehbare Aversion gegen Hubschrauber.

Diesmal ist einem Freund, bisher als Feingeist in Erscheinung getreten, plötzlich kein Handgemenge zu viel. Es wird getreten, geboxt und gerungen, dass es eine wahre Freude ist. Er präferiert jedoch das gepflegte Anschleichen samt Bruch des gegnerischen Genicks oder des Rückgrats. Gnade wird nicht gegeben.

Auch die Selbstwahrnehmung einer berufsbedingten Huschig- und Grobschlächtigkeit muss schon nach kurzer Zeit am Controller der Playstation 3 korrigiert werden, eine Vorliebe für Präzisionsgewehre spricht eine andere Sprache. Wo zehn hochgerüstete Agenten hektisch angreifen, kehrt plötzlich innere Ruhe ein - solange nur genügend Waffen und Munition zur Verfügung stehen.

Damaskus sehen und überleben

Während die Arabische Liga noch mit Syrien streitet, ob unabhängige Beobachter ins Land dürfen oder nicht, ist Nathan Drake schon da. Der Protagonist der "Uncharted"-Reihe trifft Freunde in Damaskus, und gemeinsam macht man sich auf die Suche nach einem verschollenen Teil eines Artefaktes.

Drake gehört definitiv nicht zur Generation Facebook. Wo andere schnell den Daumen heben und "liken", besteht sein Ziel eher darin, diesen angesichts vieler Gegner zu senken und stattdessen den Zeigefinger am Abzug durchzudrücken.

Wie schafft es Drake nur, immer an solch lebensbejahende Orte zu gelangen? Bild: naughty dog

Eine nahezu perfekte Grafik ist eines der Kennzeichen von "Uncharted 3". Egal ob im Draufblick, im Perspektivwechsel oder im Detail, die Programmierung folgt nicht nur dem Wechsel von Action und Rätseln, sondern auch der Ästhetik. Ein französisches Schloss bei Tag oder Damaskus bei Nacht, eine Weltstadt wie London oder die Weite der Wüste - manchmal tritt der Wunsch des Spielers, in der Handlung voranzuschreiten deutlich zurück hinter die heitere Stimmung des digitalen Flaneurs, der sich erstmal nur alles ansehen will.

Drogen und Hallizinogene

Im Vergleich zu den Vorgängerspielen weist "Uncharted 3" nur wenige neue Funktionen (Nahkampf mit mehreren Gegnern, Feinde klettern Drake hinterher) auf. Die Kritik an den ersten beiden Teilen, das Spiel sei stellenweise zu linear und lasse dem Spieler kaum Handlungsoptionen, muss sich auch der dritte Teil gefallen lassen. Seltsame Mutanten, wie noch im ersten Teil, bleiben einem hingegen erspart.

Wahrlich neu ist allein, dass in der klaren, einfach strukturierten Welt von Gut und Böse plötzlich Drogen und Halluzinogene herumwabern. Aus der Wahrnehmung Drakes erleben wir, wie es sich anfühlt, reichlich benebelt in einer jemenitischen Stadt herumzuirren. Auch hier haben die Grafiker realistische Bilder geschaffen oder sollte man sagen: eigene Erfahrungen visualisiert?

Selbst der Showdown in einer Wüstenstadt kreist um Halluzinogene, hervorgerufen durch Wasser, das für furchtbare Ängste sorgen kann, weswegen es üble Burschen für ihre Zwecke nutzen wollen. Man sieht schon daran: Die Story in "Uncharted 3" ist ungefähr so schlicht wie das kämpferische Vermögen gegnerischer Figuren auf der einfachsten Spielstufe.

Hoher Wiedererkennungswert

Ja, die Story ist schlecht. Wer mit Teil 3 neu in die "Uncharted"-Welt einsteigt, wird dennoch eines der besten, weil abwechslungsreichsten Action-Spiele für die Playstation entdecken. "Stumpf ist Trumpf", das Motto ach so vieler First-Person-Shooter, kommt hier nicht zum Zug. Man kann das Spiel allein bewältigen, zusammen mit anderen macht es aber mehr Spaß - auch im "Einzelspieler-Modus (es gibt darüberhinaus auch einen "Koop-" und einen "Mehrspielermodus").

Wer die "Uncharted"-Welt bereits kennt, ist nach drei Minuten wieder drin. Der Wiedererkennungswert ist hoch - der Tastenbelegung des Controllers, den dezent gestreuten Hinweisen im Gameplay sowie vertrauten Figuren, Geräuschen und Bildern sei Dank. Schnell setzt der Kick ein, Level um Level spielen zu wollen, und mit ihm die Hoffnung, dass es auch ein "Uncharted 4" geben wird.

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