Senat will Volksbegehren ablehnen: Nur Spielgeld fürs Volk

Der Senat erklärt das Kita-Volksbegehren voraussichtlich für unzulässig, weil es um zu viel Geld geht. Jetzt soll das Verfassungsgericht klären, wie viel Mitsprache die Bürger bei Haushaltsfragen haben.

Fast wie der Berliner Senat: Erst den Mund zu voll nehmen - dann frech grinsen Bild: AP

Die direkte Demokratie in Berlin wird dem Senat zu kostspielig. Die Innenverwaltung unter Ehrhart Körting (SPD) will ein Volksbegehren für eine bessere Ausstattung der Kitas voraussichtlich nicht genehmigen - weil dessen Umsetzung zu teuer wäre. Das Volksbegehren hätte gravierende Folgen für den Haushalt und würde einen erheblichen Eingriff in die Budgethoheit des Parlaments darstellen, sagte Körtings Sprecherin Isabel Kalbitzer am Freitag. "Es wird daher mindestens in Teilen, möglicherweise auch komplett für unzulässig erklärt." Ein endgültiger Entscheid stehe noch aus.

Die Initiatoren des Begehrens vom Landeselternausschuss Kita (Leak) reagierten umgehend. "Bleibt der Senat bei dieser Einschätzung, ziehen wir vor das Landesverfassungsgericht", sagte der Vorsitzende Burkhard Entrup. Ein Präzedenzfall für Berlin: Die Richter müssten dann entscheiden, inwieweit das Volk auch beim Geld Mitsprache hat - oder ob sich die direkte Demokratie hierzulande nur auf billige Vorhaben beschränkt.

Die Elternvertreter fordern eine intensivere Betreuung und besser qualifiziertes Personal in den Kitas. 66.000 Unterschriften haben sie dafür gesammelt. Nach ihren Berechnungen würde die Umsetzung knapp 100 Millionen Euro mehr kosten.

Eine Summe, die sich Rot-Rot wohl nicht in den Haushalt diktieren lassen will. Dabei hat das Land die Möglichkeiten direkter Demokratie erst 2006 mit einer Verfassungsänderung ausgeweitet. Bis dahin durften Volksbegehren keine erheblichen Auswirkungen auf den Haushalt haben. Das sei künftig anders, hatte Klaus Lederer, Landeschef der Linken, damals erklärt. "Berlinerinnen und Berliner werden auch über Dinge entscheiden können, die Geld kosten."

Nicht ganz, wie sich jetzt zeigt. Die Reform habe die Verfassung zwar geöffnet, sagte Lederer am Freitag zur taz, es gebe in diesem Bereich aber eine große rechtliche Ungewissheit. "Das Recht, über das Budget zu verfügen, liegt grundsätzlich beim Parlament." Insofern habe die Innenverwaltung gute Argumente, das Volksbegehren abzuweisen. Lederer distanzierte sich nur vorsichtig. "Ich finde nach wie vor, Bürger sollten auch Entscheidungen von großer Tragweite treffen können, und begrüße es, wenn das Verfassungsgericht diese Fragen klärt."

In anderen Ländern haben sich die Richter bereits mit ähnlichen Fällen befasst. Viele beurteilten die Volksabstimmungen als Eingriff in die Kompetenzen der Parlamente. Auch das Bundesverfassungsgericht sah bei einer zusätzlichen Belastung von zirka 0,5 bis 0,7 Prozent des Gesamthaushalts das Budgetrecht des Parlaments verletzt.

Die Kita-Initiative hat sich mit ihren Forderungen deshalb bewusst knapp darunter gehalten. Die Mehrkosten von 100 Millionen Euro machten 0,48 Prozent des Landeshaushalts aus, sagte Entrup. Die Initiative hofft, dass sich die Berliner Richter ein Beispiel an den Sachsen nehmen: Die urteilten, gegen die Haushaltsgrundsätze werde nur verstoßen, wenn das Land eine Volksentscheidung nicht wieder verändern dürfe. Dieses Recht aber hat das Abgeordnetenhaus.

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