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Selbsthilfe bei Nacht

■ Behörde Senat rechtfertigt Kürzungen bei Frauenhäusern und Projekten

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) scheint alles daran zu setzen, sich vor der Haushaltsverabschiedung nicht mehr zum Thema Frauenprojekte zu äußern. So mussten auch gestern bei der Sitzung des Sozialausschusses ihr SPD-Staatsrat Klaus Meister und zwei Referenten die Köpfe hinhalten. Sehr zum Ärger der Ausschussvorsitzenden Petra Brinkmann (SPD), war dies doch schon die zweite Sitzung über Etatstreichungen bei sozialen Projekten, der die Senatorin fern blieb.

Brinkmann wollte wissen, ob es zuträfe, dass den sechs Hamburger Frauenhäusern 15 Prozent ihres Etats gestrichen wurde und eine Aufnahme nach 17 Uhr nicht mehr möglich sei. Antwort der zuständigen Fachreferentin: „Die Aufnahme rund um die Uhr ist sichergestellt, weil die Frauen, die dort wohnen, die Verantwortung übernehmen.“ Die Kürzung der Mittel, der die Frauenhäuser inzwischen zugestimmt hätten, sei in der Absicht erfolgt, die Selbsthilfe auszubauen.

Eine weitere Kürzungsbegründung war das am 1. Januar in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz, das es ermöglicht, schlagende Männer aus der Wohnung zu verweisen. Die SPD-Abgeordnete Doris Mandel fragte die Senatsvertreter, ob ihnen bekannt sei, dass ein solches Gesetz in Österreich zu einer 38 Prozent höheren Auslastung der Frauenhäuser führte, weil die betroffenen Frauen sich ermutigt fühlten. Antwort ihres Genossen Meister: „Wir gehen davon aus, dass Österreich nicht Hamburg ist.“

Um zehn Prozent gekürzt werden auch die sechs Fachberatungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt. „Dies ist für mich fachlich vertretbar“, sagte der Referent für Familienhilfe, Wolfgang Hammer. So sei es in den vergangenen zehn Jahren gelungen, zu diesem Thema die nötige Öffentlichkeit herzustellen und „Multiplikatoren“ wie ErzieherInnen und LehrerInnen für den richtigen Umgang zu sensibilisieren. Dafür, dass diese Multiplikatorenarbeit nicht mehr in vollem Umfang möglich sei, so Hammer, „haben auch diese Beratungsstellen gesorgt“.

Wenn nun durch die Kürzung die Beratung eingeschränkt würde, sei dies doch wohl die „Entscheidung der einzelnen Träger“ – und nicht die Schuld der Behörde. Kaija Kutter

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