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Security statt Sozialarbeit

An der Karl-Weise-Grundschule in Nordneukölln werden bald private Wachschützer Dienst tun. Allerdings hätte Schuldirektor Klaus Hartung lieber mehr Sozialarbeiter.

Mit Wachschutz gegen Gewalt: Damit es gar nicht erst soweit kommt wie an der Rütli-Schule, die im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geriet Bild: AP

Leicht macht Klaus Hartung es sich nicht. Der Leiter der Karl-Weise-Grundschule im Neuköllner Norden sucht sorgfältig nach Worten. Er weiß gut, wie vorsichtig man sich ausdrücken muss, wenn man über Themen wie Neukölln und Schulen und Gewalt redet. Gerade wenn man der Presse gegenübersitzt, die sich so gern mit Jugendgangs, Angriffen auf Lehrer und sonstigen blutigen Geschichten befasst. "Da sind ja fertige Bilder in den Köpfen", sagt Klaus Hartung. "Man sagt 'Neukölln', man sagt 'Schule', man sagt 'Wachdienst' - und zu all diesen Begriffen gibt es in den Köpfen Bilder. Wenn man die aber zusammenführt, dann stimmt das Gesamtbild, das entsteht, nicht. Dann ist es ein Klischee."

Seit 37 Jahren ist Hartung Lehrer in Neukölln, seit zwei Jahrzehnten leitet er die Grundschule in der Weisestraße. Die "kiezoffene Schule", die mit den Bewohnern zusammen Feste feiert und deren Schulhof nachmittags den Kindern der Nachbarschaft offensteht, die Zusammenarbeit mit Bewohnern, Quartiersmanagern, auch mit der Polizei, Sprachkurse für Mütter - solche modernen Ideen und Konzepte sind an Hartungs Schule schon seit Jahren Praxis. Nun will Schulleiter Hartung sich an einem weiteren neuen Projekt beteiligen. Privaten Wachschutz hat Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) Schulen in seinem Bezirk "bei Bedarf" angeboten. Die Karl-Weise-Grundschule im Schillerkiez gehört zu den bislang 21 Schulen, die das Angebot annehmen wollen. Ab Mitte Oktober sollen die Wachschützer Dienst tun.

Klaus Hartung ist ein kleiner Mann von 63 Jahren, der eigentlich agil wie ein Flummi wirkt. Er sitzt aber ganz still, wenn er versucht, die Gründe für diese Entscheidung zu erklären. Allein getroffen hat er sie nicht: In den zuständigen Gremien haben Lehrer, Eltern und Schülervertreter mehrheitlich für den Sicherheitsdienst gestimmt. Nein, es gebe an seiner Schule keine Häufung von Gewaltvorfällen, sagt Hartung. Es gebe aber "angstschürende Vorkommnisse", die ein Gefühl der Bedrohung wachsen ließen.

Solche Vorkommnisse sahen an der Karl-Weise-Grundschule in jüngerer Vergangenheit beispielsweise so aus: Eine Gruppe ehemaliger Schüler, heute 14- bis 15-jährig, dringt am Nachmittag in den Hort ein, wo kleinere Kinder betreut werden. Die werden unruhig - und beim Versuch, die Eindringlinge loszuwerden, kommt es zum Streit zwischen Störern und Erzieherinnen.

Ob solche Situationen tatsächlich eskalieren könnten, vermag auch Schulleiter Hartung nicht vorauszusagen. Ihm geht es um Prophylaxe: "Es muss erst etwas passieren, bevor wir eingreifen können" - diesen Satz hörten Schulen von der Polizei immer wieder. "Aber wir wollen es doch so weit gar nicht erst kommen lassen!"

Als uniformierte "Hilfssheriffs", die sich in solche Situationen einmischen, sieht Hartung die Wachschützer aber nicht. Eher als Ansprechpartner für SchülerInnen oder PädagogInnen, die sich von Gewalt bedroht sehen. "Sie können ruhig auch mal die Tischtenniskelle in die Hand nehmen und mit den Kindern eine Runde spielen." Dass er bei der Auswahl der neuen Mitarbeiter mitreden kann, ist dem Schulleiter wichtig. Am liebsten wäre ihm ein Pärchen: "Ein Mann, eine Frau, zwei Sprachen oder Herkunftsländer."

Dass Sicherheitspersonal auch ohne Uniform Aggression oder Provokationen vielleicht eher schüren als verhindern könnte, ist an der Schule auch von den Eltern kontrovers diskutiert worden. Die haben letztlich mehrheitlich für den Wachschutz gestimmt. "Wir würden aber sofort aussteigen, wenn wir sehen, dass es nach hinten losgeht", sagt Hartung. Auch wenn er merken würde, dass die Existenz der Wachschützer Eltern von der Schule abschreckt, würde er aussteigen - "wahrscheinlich".

"Der Wachschutz ist etwas, was wir ausprobieren wollen", sagt Hartung. Dass darin auch Resignation steckt, verhehlt er nicht. Wie sinnvoll er diesen Weg findet? Der Schulleiter windet sich bei der Suche nach einer Antwort. "Das wissen wir noch nicht", sagt er ein wenig müde, und etwas lauter, dass er der Erste wäre, "der den Wachschutz gegen Sozialarbeiter eintauschen würde". Im Falle der Störungen durch die ehemaligen Schüler hat Hartung auf seine Weise reagiert. Er hat Kontakt zu deren Eltern aufgenommen, er kannte sie noch von früher. Zumindest in einigen Fällen hat der klassische Ansatz etwas bewirkt: Die Erwachsenen versprachen, mit ihren Kindern zu reden.

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1 Kommentar

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  • E
    Ex-Berlin

    Wachschutz an Schulen - da fällt mir in erster Linie die sichtbare Polizeipräsenz an den jüdischen Schulen in Berlin (und anderswo) ein. Ein notwendiges Übel?

     

    Es kommt eben auch auf das Auftreten an. In Brüsseler gibt es "Parkpolizisten", man könnte sie Wachschutz aber auch Sozialarbeiter in Uniform nennen. Sie sind zu den Öffnungszeiten auf Spielplätzen anwesend. Sie spielen mit, kleben Pflaster, schauen aber auch, dass die Spielplätze für die Kinder da sind, und nicht für Halbstarke.

     

    Durch ihren geschulten (!!!) und freundlichen Umgang entschärft sich das "Wachschutz-Image". Aber der normale private Wachschützer, eine der schlechtbezahltesten Berufsgruppen, ist hierfür weder ausgebildet noch angemessen entlohnt