Scooter rechts abgedrängt: Baxxters falsche Nazi-Freunde
Ein Foto des Scooter-Frontmanns mit rechten Musikern sorgt im Internet für Wirbel. Baxxter wusste nicht, mit wem er sich ablichten ließ, sagt die Plattenfirma.
BERLIN taz | Die Techno-Band Scooter wehrt sich dagegen, in eine rechte Ecke gedrängt zu werden. Anlass ist ein Foto: Als Scooter am 13. März nach einem Konzert in Moskau nach Berlin fliegen, wollen viele Mitreisende ein Foto mit ihnen machen. Der Flugkapitän bat um ein Bild, aber eben auch die Rechtsrockband Kategorie C, die sich wie Scooter auf der Rückreise von einem Auftritt befand.
Nichtsahnend ließ sich Frontmann H.P. Baxxter mit den freundlichen Jungs von Kategorie C ablichten, denn er kannte weder die Gruppe, noch ihre politische Einstellung. "Gefühlte 100 Mal am Tag werden Fotos mit Fans gemacht", sagte Anne Glatzel, Sprecherin von Scooters Plattenfirma Kontor Records, der taz. Da könne man nicht jeden nach den politischen Ansichten fragen. Die Begegnung im Flieger sei zufällig gewesen.
Umso größer die Überraschung, als im Internet das Foto auftauchte. "Scooter goes Rechtsrock" titelte der linke Blog Oire Szene, der die Rechtsrock-Szene beobachtet. Er verwies auf das Bild mit den Musikern der Hungrigen Wölfe, wie sich Kategorie C auch bezeichnen.
Ein zweites Bild stellten die Blogger dazu. Es zeigt, wie H.P. Baxxter mit einer geblümten Teekanne bei einem Kaffeekränzchen sitzt, auf seinem Hemd prangt der Schriftzug der norwegischen Neonazi-Band Burzum. Im Internet wurden schnell Zweifel an der Echtheit laut. Dieses Bild sei ganz klar eine Fotomontage, sagte auch Kontor Records in einer Stellungnahme.
Das Original stammt aus dem Jahr 2006, als sich der Baxxter ins Goldene Buch der Stadt Leer eintrug. Nebenbei trage H.P. sowieso "grundsätzlich keine Hemden mit Schriftzug", sagte Sprecherin Glatzel. Die Plattenfirma findet diese Manipulation schlimmer als das Flugzeug-Foto, bei dem es sich im Moment der Aufnahme um ein ganz normales Bild mit Fans handelte.
"Promotion für Kategorie C"
Deswegen wandte man sich auch mit einer Stellungnahme an die Betreiber des Watchblogs Oire Szene, die auch dort veröffentlicht wurde. Darin betont die Plattenfirma, "dass weder die Band Scooter noch der Frontmann H.P. Baxxter jeglichen Kontakt oder auch Vorliebe zur Rechten Szene pflegt." Dass man mit dem Burzum-Bild tatsächlich geleimt wurde, räumen auch die Betreiber des Watchblogs Oire Szene ein und entschuldigen sich für die "falsche Verdächtigung". Der betreffende Artikel ist nicht mehr auf der Seite zu finden.
Was den Schnappschuss im Flieger angeht, bleibt man auf der Seite allerdings skeptisch, wünscht sich ein deutlicheres Statement von Scooter. Darauf wird man vergebens warten, denn nach langer Diskussion habe die Band entschieden, sich nicht weiter zu dem Thema zu äußern. "Wir wollen nicht, dass der rechten Szene eine Plattform geboten wird", sagte Glatzel.
Das scheint jedoch längst geschehen zu sein, denn die Aufregung um die Fotos haben vor allem der Rechtsrockband genützt. "Für Kategorie C war das natürlich prima Promotion", sagte Glatzel weiter. Ob die Gruppe bereits beabsichtigte, das Foto für die eigene Publicity zu nutzen, als sie um ein Bild mit H.P. Baten, könne man nicht beurteilen.
Immerhin wurde es auf der Internetseite der Gruppe veröffentlicht. Trotzdem habe Kontor Records deswegen keinen Kontakt zu den Betreibern aufgenommen. "Die haben das Foto selbst herunter genommen, als sie gemerkt haben, was für eine Eigendynamik sich im Internet entwickelte", sagte Glatzel.
Kategorie C schaffen es allerdings, selbst aus der Löschung des Bildes von der Internetseite noch Kapital zu schlagen und sich zu Opfern zu stilisieren, Solidaritätsbekundung an Scooter inklusive. Auf ihrer Internetseite deuten sie die Tatsache, dass so große Aufregung um das Bild entstand, eigenwillig um: H.P. habe erfahren müssen, "wie widerlich die political correctness in Deutschland ist."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren