Schwurbeliger Ärtzeverband: Gegen Impfungen und Big Pharma
Der Ärztliche Berufsverband Hippokratischer Eid sieht die WHO unterwandert von Big Pharma und der Hochfinanz. Das hat ein antisemitisches Gschmäckle.
E in diskretes Hellblau ist die Grundfarbe der offiziellen Website. Auch der Name des Netzwerks soll vertrauenerweckend daherkommen: „Ärztlicher Berufsverband Hippokratischer Eid e. V.“. Der Verband möchte die Rechte von Patient*innen und Ärtz*innen vor „großen Gefahren“ schützen und „kommerzielle Interessen“ eindämmen.
In Hamburg hat der Verein um Dr. Sonja Reitz seinen Sitz. Auf der Website ist Reitz die einzige Person, die namentlich auftritt. Die angegebene Adresse ist identisch mit ihrem „Zentrum für Body Mind Soul Medizin“.
Auf der Startseite deutet sich jedoch die Richtung an. „Wir setzen uns ein für die ärztliche Therapiefreiheit“, steht da, und auch für eine „freie Impfentscheidung“. Die Kritik an Impfungen kam schon bei den ersten Schutzimpfungen 1776 auf. Der schulischen Medizin wurde bald eine alternative Medizin entgegengesetzt. Das erste Reichsimpfgesetz von 1874 führte zu den ersten Anti-Impforganisationen. Der Berufsverband steht also in einer langen Tradition.
Die Coronapandemie löste bei dem 2022 eingetragenen Verein offenbar eine diffuse Impfpanik aus. So warnen die Mitglieder auch vor „erheblicher Fruchtbarkeitsbeschädigungen bei Männern und Frauen und steigender Krebshäufigkeit nach Impfungen“. Außerdem behaupten sie, dass „Obduktionen von Geimpften“ gezeigt hätten, dass „nach unerwarteten Todesfällen bei 80 Obduktionen in 80 Prozent der Fälle ein klarer Impfzusammenhang“ bestanden hätte.
Antisemitischer Jargon
Mit Aktionen will der Verein Aufklärung gegen Gesundheitsreformen und -vorschriften vorantreiben. Er kritisiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zunehmend werde diese „unterwandert von Big Pharma, privaten Geldgebern, nicht gewählten NGOs und der Hochfinanz“. Die Kritik an Lobbyeinflüssen und angeblichen Finanzabhängigkeiten dürfte mit dem Verweis auf eine „Hochfinanz“ in Verschwörungsnarrative übergehen.
Im antisemitischen Jargon wird so gern der jüdische Einfluss durch Geld angedeutet. Die WHO stehe aber nicht allein unter Einflüssen – ebenso schlimm seien das Robert-Koch-Institut, das Paul-Ehrlich-Institut und die Ständige Impfkommission.
Als Aktionen gegen die WHO schlägt Sonja Reitz in einer Rundmail das Verschicken von „Leserbriefdummys“ vor, die „so oder abgewandelt an Politiker, Ärzte, Nachbarn, Lehrer verschickt werden können“. Ein „effektives Wording“ müsse entwickelt werden, „um die Gehirnwäsche durchbrechen zu können“. Erneut Anklänge an Verschwörungsnarrative: Wer wäscht warum Gehirne? Wer steht da im Hintergrund und hält uns dumm, darf gefragt werden. Für die taz war Seitz bis Redaktionsschluss nicht zu sprechen.
In der Rundmail ist ein Interview mit James Roguski verlinkt, der als WHO-Experte vorgestellt wird. Roguski wirkte beim „Corona Ausschuss“ mit, einem Projekt von Corona-Relativierenden. Ein weiterer Beteiligter daran ist der Göttinger Anwalt Reiner Füllmich, ehemaliger Bundestagsspitzenkandidat von „DieBasis“. Er verglich die Pandemiemaßnahmen mit dem Holocaust und meinte: „Es ist schlimmer.“
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