Schweres Bootsunglück im Mittelmeer: 115 Geflüchtete vermisst
250 Menschen fliehen über das Mittelmeer – fast die Hälfte wird nach einem schweren Unglück vermisst. Derzeit sind keine privaten Rettungsschiffe im Mittelmeer unterwegs.
TRIPOLIS dpa | Nach einem schweren Bootsunglück vor der Küste Libyens werden 115 Menschen vermisst. Das sagte ein Sprecher der libysche Küstenwache am Donnerstag und nährte damit Befürchtungen über den Tod Dutzender Menschen auf ihrer Fahrt über das Mittelmeer. Zuvor hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk mitgeteilt, dass bei dem Unglück womöglich mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen seien. Es wäre das schwerste Bootsunglück im Mittelmeer des laufenden Jahres.
Insgesamt seien 250 Menschen an Bord des Holzboots gewesen, sagte Marinesprecher Ajub Kassim der Deutschen Presse-Agentur. Die Küstenwache habe zusammen mit einigen Fischern 134 Menschen aus verschiedenen afrikanischen und arabischen Ländern gerettet. Zudem sei eine Leiche aus dem Wasser geborgen worden. Nach UN-Angaben startete das Boot die Überfahrt vom Küstenort Al-Chums.
Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks, Filippo Grandi, sprach auf Twitter von der „schwersten Tragödie im Mittelmeer“ des laufenden Jahres. Er forderte, die Seenotrettung dort wieder aufzunehmen, die Internierung von Flüchtlingen und Migranten in Libyen zu beenden und mehr sichere Routen aus dem Land zu ermöglichen. „Sonst ist es für viele weitere verzweifelte Menschen zu spät“, schrieb Grandi.
Derzeit sind keine privaten Rettungsschiffe im Mittelmeer unterwegs. Die deutsche Organisation Sea-Eye kündigte allerdings am Donnerstag an, mit der „Alan Kurdi“ in Richtung der Rettungszone vor der libyschen Küste aufzubrechen. Dort werde sie voraussichtlich Dienstag eintreffen, erklärte die Regensburger Organisation. Innerhalb der Europäischen Union läuft ein Streit darüber, wie Geflüchtete verteilt werden sollen, die im Mittelmeer gerettet werden.
Das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten für Menschen, die nach Europa kommen wollen. Beim Versuch, es zu überqueren, kamen dieses Jahr nach IOM-Angaben bereits mehr als 680 Menschen ums Leben. Mehr als 3.700 seien aufgegriffen und in Internierungslager in Libyen gebracht worden. Der nordafrikanische Staat ist ein Transitland für Tausende von Migranten.
Leser*innenkommentare
vergessene Liebe
Ist ja einfach traurig , zum Heulen ! Wieder einmal mehr als 100 Ertrunkene Schiffbrüchige , weil die Rettung aus Seenot durch Abwesenheit von NGO Schiffen nicht ausreichte ! die Geretteten dürften zurück in Libyen sein ?
Klimaflüchtlinge, politische und Armuts- Flüchtlinge.. die ihre eigene Lebenszukunft erobern wollten...
Opfer der EU Wohlstandsarroganz und der Abwesenheit humaner Solidarität im "Fortress Europa" !
..klar : es ist `politische Sommerpause´in der EU.. und so sind viele notwendige politische und humane Entscheidungen im Sinne der "SEEBRÜCKE" und der NGO Lebensretter `vertagt´!
..und so geht das Ertrinken im Mittelmeer eben weiter...
Selbst die Forderungen des U.N.O. Flüchtlingehilswerks , Herrn Filippo Grandis.. " Er forderte, die Seenotrettung dort wieder aufzunehmen, die Internierung von Flüchtlingen und Migranten in Libyen zu beenden und mehr sichere Routen aus dem Land zu ermöglichen. „Sonst ist es für viele weitere verzweifelte Menschen zu spät“... verbleiben offensichtlich ungehört !
südtiroler
Ich denke schon, dass die Auswanderer in Rettungserwartung starten. Nicht von ungefähr gingen heute ständig Anrufe von verschiedenen Booten bei der NGO "alarmphone" ein.
Auch dieses Unglück muss die EU anspornen, endlich eine prinzipielle Anlandung aller Geretteten in Nordafrika auszuhandeln. Solange Seenotrettung mit einem Transfer nach Europa verbunden wird, ist kein Ende dieses Dramas abzusehen.
06831 (Profil gelöscht)
Gast
Das obige Bild ist so erschreckend. Nehmen die Menschen das in Kauf oder glauben sie wirklich, damit die Überfahrt zu schaffen?
LesMankov
Und ich dachte immer die Überfahrten würden ohne Seenotrerrung sofort aufhören, da die Schlepper dann niemanden mehr hätten, der ihnen die Passagiere abnimmt. Sarkasmus off.
97760 (Profil gelöscht)
Gast
@LesMankov Wir haben ja den sarkastischen Sachverhalt, daß, gerade weil es die " Festung Europa" gibt, Leute genau dahin wollen. Der sichere Hafen sozusagen. Ob mit oder ohne Seenotretter, die Überfährt wird immer gewagt werden.