Schwere Vorwürfe gegen Paris St. Germain: Virtuelle Blutgrätschen
Paris St. Germain soll mit gefakten Accounts Stimmungsmache betrieben haben. Ein Feld ganz neuer Möglichkeiten eröffnet sich.
O b Hertha-Investor Lars Windhorst nun aufgrund der jüngsten Nachrichten von diesem anderen Big City Club in Europa so etwas wie Genugtuung verspürt? Eine „digitale Armee“ soll der Pariser Hauptklub, der in der Hand eines katarischen Investmentfonds ist, auf Geheiß des Kommunikationschefs Jean-Martial Ribes rekrutiert haben, um die Stimmung auf den Social-Media-Kanälen im Interesse der Geldgeber aus Katar zu formen.
Mehr oder minder der gleiche Tatbestand wird auch Windhorst derzeit vorgeworfen. Mit Hilfe eines israelischen Dienstleisters soll er auf Social-Media-Kanälen negative Stimmung im Wahlkampf gegen den amtierenden Präsidenten geschaffen haben. Eine Investition im siebenstelligen Bereich soll ihm das wert gewesen sein, um sich und Hertha mehr Freiheit zu verschaffen. Der Fußball scheint eine neue Spielwiese für sich entdeckt zu haben. Agiert Hertha in der modernen Wettkampfführung also schon auf Champions-League-Niveau, auf Augenhöhe mit dem luxuriösesten Projekt des internationalen Fußballs?
Im World Wide Web, dort, wo sich Emotionen am schnellsten und intensivsten schüren lassen, sollen abwanderungswillige Spieler von PSG samt ihrem Umfeld Mobbingattacken ausgesetzt gewesen sein. Eine Brasilianerin, die ihren Ex-Freund Neymar der Vergewaltigung bezichtigt hat, wurde als geisteskrank gebrandmarkt.
Und selbst der Stürmerstar Kylian Mbappé, der vom Klub offiziell in den Stand der Unantastbarkeit gehoben wurde, soll von eigens massenhaft geschaffenen Fakeaccounts wegen vereinsschädigendem Verhalten gemaßregelt worden sein. Das Nachrichtenportal mediapart.fr sieht seine Vorwürfe durch einen 50-seitigen Tätigkeitsbericht, den eine Digitalagentur in der Saison 2018/19 verfasst hat, bestätigt.
Profitable Grauzone
Paris St. Germain streitet die Vorwürfe freilich ab. So hat auch Windhorst reagiert. Gefühlsballungen im Internet wirken so gewöhnlich und naturgewaltig, dass deren Inszenierung nur schwer nachzuweisen ist. Stimmt das nun oder nicht? Aus dieser Grauzone lässt sich für die Profiklubs noch viel mehr herausholen.
Bislang schaut man bei der Social-Media-Arbeit der Vereine langweiligerweise völlig linear auf deren wachsende Reichweite. Und natürlich feiert auch hier in Deutschland der FC Bayern mit seinen über 100 Millionen Followern Jahr für Jahr die Social-Media-Meisterschaft. Die Gerüchte in Berlin und Paris legen aber nahe, dass sich den Digitalabteilungen der Klubs bald ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
Hätte man Lars Windhorst für seine guten Absichten gerüchtehalber nicht so schnell kriminalisiert, hätte er diese Woche vielleicht einen Auftrag herausgegeben, mit ein paar tausend Fake Accounts die Unruhe beim 1. FC Union Berlin zu verstärken. Hatte der Tabellenführer doch schon innerhalb der eigenen Fanszene für reichlich Irritationen gesorgt, weil man den fremdenfeindlichen ungarischen Regierungschef Viktór Orban so gastfreundlich in der Alten Försterei wegen einer Privatangelegenheit empfing. Und ist dem Serienmeister FC Bayern vielleicht doch noch beizukommen, wenn die Konkurrenz verstärkt auf Social-Media-Angriffe aus dem Nichts setzt?
Wie empfindlich man den FC Bayern auf dieser Ebene treffen kann, konnte man vergangenen Mai lesen. Als Robert Lewandowski ein Bayern-Foto aus seinem Twitterprofil löschte, meldete der Boulevard: die Lage spitzt sich zu. Die Idee stammte bestimmt von den Social-Media-Profis des FC Barcelona. Und schon ist die Bundesliga spannender geworden.
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