Schweden lässt US-Militär ins Land: Atomwaffen nicht ausgeschlossen
Schwedens Parlament billigt ein Militärabkommen mit den USA. US-Truppen können Stützpunkte und Flughäfen nutzen – ohne nukleare Einschränkung.
![Soldaten bei einer Übung. Soldaten bei einer Übung.](https://taz.de/picture/7072506/14/35607887-1.jpeg)
Das DCA-Abkommen (Defense Cooperation Agreement) hatten die beiden Verteidigungsminister Pål Jonson (Moderate) und Lloyd Austin bereits im Dezember unterzeichnet. Es regelt, dass und wie das US-Militär Stützpunkte in Schweden für Militärübungen und zur Lagerung von Material, Fahrzeugen, Waffen und Munition nutzen kann. Die schwedische Regierung will damit die Abschreckung und Stabilität des eigenen Landes stärken. Sie betont, dass das Abkommen auf schwedischer Souveränität und Einverständnis beruhe.
Atomwaffenstationierung nicht explizit ausgeschlossen
Ähnliche Verträge haben auch Dänemark und Norwegen geschlossen – mit kleinen, aber feinen Unterschieden, die von kritischen Stimmen hervorgehoben werden. Schweden hat nicht explizit geregelt, dass die Stationierung von Atombomben ausgeschlossen ist. „Das Abkommen schließt nicht klar die Tür für Atomwaffen auf schwedischem Territorium“, kritisierte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Emma Berginger, gegenüber der Zeitung Dagens Nyheter. Sie ist nicht die Einzige mit dieser Sorge.
Verteidigungsminister Jonson verwies jedoch darauf, dass das DCA-Abkommen nicht zum Ziel habe, dass es dauerhafte US-Militärbasen oder Kernwaffen in Friedenszeiten gebe. „Kein Land kann Schweden zwingen, Atomwaffen auf schwedischem Territorium zu haben“, sagte er. Apropos Friedenszeiten: Tatsächlich geht es bei dem Abkommen natürlich um den Ernstfall. Damit soll die US-Armee die Logistik für mögliche Einsätze in Nordeuropa schon präventiv aufbauen können.
Amerikanisches Recht für US-Soldaten
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Regelung, wonach für US-Soldaten auch in Schweden primär das US-Recht gilt. Sie können also bei Gesetzesverstößen nicht von schwedischen Gerichten, sondern nur von amerikanischen zur Rechenschaft gezogen werden.
Verteidigungsminister Jonson erklärte dies für „händelbar“, da die schwedische Regierung in wichtigen Fällen dennoch die Zuständigkeit der eigenen Gerichtsbarkeit anmelden könne.
Nicht alle 17 im Vertrag genannten Stützpunkte – von Kiruna ganz im Norden bis Ravlunda ganz im Süden – würden in der Praxis von der US-Armee genutzt, schon gar nicht gleichzeitig, meinte Jonson zur Frage, inwieweit die schwedische Bevölkerung im Alltag betroffen sein dürfte. Doch dort, wo die US-Armee ihre neuen Befugnisse tatsächlich nutzt, dürfte ihre Präsenz spürbar sein.
Sechs der acht Reichstagsparteien stimmten nun also für das Abkommen. Der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Peter Hultqvist, fasste die Begründung in der vorangehenden Debatte so zusammen: Die demokratischen Länder müssten in der aktuellen Sicherheitslage zusammenhalten. Die Bedrohung durch Russland hatte Schweden schon zum Nato-Beitritt und damit zur Aufgabe seiner 200 Jahre währenden Neutralität gebracht.
Schwedische Linke in Sorge wegen nächster US-Wahl
Die Linke hingegen sieht eine Gefahr darin, dass die USA, denen man diesen weitgehenden Zugang zu schwedischem Territorium gibt, nach der nächsten Präsidentschaftswahl nicht mehr dieselben sein könnten. „Es würde die Sicherheitslage weltweit verändern, wenn Trump wieder Präsident wird“, warnte der außenpolitische Sprecher HåkanSvenneling.
Dass die Kernwaffenfrage nicht, wie etwa im norwegischen Abkommen, explizit geklärt wurde, kritisiert auch der Chef des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith. „Der Prozess war nicht so vollständig, wie er hätte sein können und sollen“, sagte er der Nachrichtenagentur TT. Smith geht davon aus, dass die USA Kernwaffen für militärische Übungen nach Schweden bringen könnten, allerdings zeitlich begrenzt. Er sehe dennoch Schwedens Stimme als Atomwaffengegner geschwächt.
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