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Schwarze Liste für Gaza-ImporteSchwarze Liste für Gaza

Israel hat die Liste der Dinge, die nach Gaza geliefert werden dürfen erweitert. Kurz vor Netanjahus Reise in die USA spricht das Weiße Haus von einer "Annäherung der Positionen."

Sie verhandeln nur indirekt: US-Präsident Obama und Israels Premierminister Netanjahu. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Stahlkabel, Eisen und Beton dürfen weiterhin nicht unkontrolliert in den Gazastreifen geliefert werden. Die israelische Regierung veröffentlichte gestern (Montag) die "schwarze Liste" der Waren, die den Palästinensern in Gaza auch in Zukunft verwehrt bleiben sollen. Für die betroffenen 1,5 Millionen Menschen bedeutet das dennoch eine dramatische Lockerung der Blockade.

Nicht nur der Umfang der täglichen Lieferungen wird größer, sondern das Warenangebot wächst um ein Vielfaches der bisher nur 114 gelieferten verschiedenen Produkte. Die nach wie vor verbotenen Waren fallen in drei Kategorien. Rüstungsgegenstände, wie Jagdmesser, Nachtsichtgeräte, bestimmte Computertechnik und Düngemittel, die zur Herstellung von Sprengstoffen genutzt werden können, dürfen "unter keinen Umständen" eingeführt werden. Eisen, Beton und Jeeps fallen in die Gruppe, die "projektgebunden, beaufsichtigt und nach Absprache mit der Palästinensischen Autonomiebehörde" erlaubt ist.

Einen Tag vor der Reise des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu in die USA signalisiert Israel damit guten Willen. Zudem trafen gestern (Montag) Verteidigungsminister Ehud Barak und der palästinensische Premierminister Salam Fayyad zusammen. Im Verlauf des Gesprächs, das im Jerusalemer King David Hotel stattfand, diskutierten die beiden über "sicherheitstechnische und wirtschaftliche Kooperation". Einer Mitteilung des israelischen Verteidigungsministeriums zufolge, sollen die direkten Kontakte der beiden Minsterien "fortgesetzt werden, um die Absprachen in Bereichen zu verbessern, die eine unmittelbare und schnelle Kommunikation verlangen". Die Palästinenser hatten die Friedensverhandlungen mit Israel vor gut eineinhalb Jahren, dem Gazakrieg folgend, eingestellt.

Netanjahu drängt darauf, die bisher indirekten Verhandlungen möglichst bald auf eine direkte Schiene zu lenken. Die Palästinenser lehnen direkte Gespräche ab, solange der Siedlungsbau in Ost-Jerusalem fortgesetzt wird. Fraglich bleibt auch, ob der auf zehn Monate festgelegte Baustopp im Westjordanland verlängert wird. "Am 26. September wird weitergebaut", inserierte der Rat der israelischen Siedler bereits diese Woche in verschiedenen Tageszeitungen. Dann läuft die Frist ab.

Einem Bericht der israelischen Menschenrechtsorganisation Betselem zufolge, kontrollieren die Siedler 42 Prozent des Palästinensergebietes. Die Zahl der Siedler im Westjordanland liegt, dem Bericht zufolge, heute bei über 300.000. Laut "Haaretz" planen die lokalen israelischen Verwaltungen im Westjordanland 2700 neue Wohneinheiten, deren Bau beginnen soll, sobald das Moratorium abläuft.

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11 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    Die "Annäherung der Positionen" zeitigt auch schon die ersten Ergebnisse. So wurden in den letzten Tagen mehrere Gebäude in Jerusalem von Palästinensern zerstört.

     

    In Beit Hanini zum Beispiel, verlor die Rajabi-Familie - Mann, Frau, vier Kinder - zum zweiten Mal ihr Dach über dem Kopf, nachdem sie 2008 bereits schon einmal Opfer einer Hauszerstörung wurden.

    Die legale Grundlage bildet wie immer der Umstand, dass das Haus nicht genehmigt wurde. Nur - Baugenehmigungen - auch nicht auf eigenem Land - erteilt der 'Jüdische Staat' an Araber grundsätzlich nicht, dessen Aussenminister in einer illegalen Siedlung sitzt, die mindestens zu einem Drittel auf priv. pal. Land errichtet wurde.

     

    Genau so wenig wie die Rajabis also mit einer Baugenehmigung rechnen dürfen, genauso wenig dürfen wir 'Israel-Kritiker' natürlich mit einer trockenen, sachlichen Berichterstattung dazu in der taz durch Susanne Knaul rechnen.

    Denn deren Treue zum jüdischen Staat ist seit Jahren unverwüstlich: Was nicht passt, wird passend gemacht - und wenn auch das nicht geht - herausgeschnitten. Ein 'Journalismus', für den es offenbar grosse Unterstützung in der Redaktion gibt.

     

    Man könnte sich auch noch mit der Frage beschäftigen, was daraus für die anderen Qualitäten dieser Redakteure schlussfolgert. Aber wir wollen es hier ja nicht übertreiben.

  • E
    end.the.occupation

    Ein sechs Milliarden US-Dollar schwerer Lobbyist nimmt Platz im Weissen Haus - und droht den Demokraten mit Liebesentzug.

     

    Kein Wunder, dass sich ein demokratischer Präsident vor ihm erniedrigt. Darin ist die politische Kaste in den USA - eine Art hauptamtliches Kasperletheater - ja gewöhnt.

     

    Hierzulande ist es ja auch nicht viel anders,

  • M
    Max_Mustermann

    @TOM:

    Hier geht es um Gaza. Da ist es völlig unwichtig wieviel Israel bekommt. Sonst können wir auch Vergleiche ziehen wieviel die pal. Gebiete bekommen und wieviel ein afrikanisches Land durchschnittlich an Hilfe bekommt.

  • T
    TOM

    Max Mustermann: Mit den Milliarden kennen Sie sich wohl aus? Nur zur Info, allein dieses Jahr erhält Israel 3 Milliarden von der USA und darin sind noch nicht einmal die Geschenke Deutschlands und Co. miteingerechnet. Das für ein Gebiet so groß wie ein kleines Bundesland Deutschlands. Um diesen Betrag auch zu erreichen, darf Palästina denen man regelmäßig alles auf 0 bombt viele viele viele viele Jahre warten. Kannst ja mal schauen wieviel sie ingesamt in den letzten 10 Jahren von der ganzen Welt erhalten haben. Wetten das es ne Überraschung gibt wenn man es gegenüberstellt mit der jährlichen Zahlung an Israel? Das ist leider eine beliebte Masche den Palästinensern die Hilfe vorzuhalten die sie tatsächlich aufgrund Israels Politik benötigen und gleichzeitig nicht einmal zu wissen wieviel Israel bekommt. Im Grunde ist es pure Ignoranz

  • M
    Max_Mustermann

    ...und so lange es Spinner gibt, die sich vor Straßencafès oder in Busen in die Luft sprengen, so lange wird auch die Grenze zu bleiben. Und von denen gibt es ja auch nicht zu wenige...von daher wird die Grenze auch in Zukunft zu bleiben. Aber als prositiven Schritt zur Öffnung könnte die Hamas ja den Vernichtungswillen gegen Israel mal aus ihrer Charta streichen.

    An sonsten könnte ja auch Ägypten ihre Grenze öffnen...

     

    "Ganz klar was hier läuft, legalisierte Vertreibung."

     

    Ganz klar was hier läuft, es werden mehr Waren durchgelassen. Nicht mehr und nicht weniger.

     

    "Wenn der Westen mit seinem Kuschelkurs für Israel weiter macht, dann werden die radikalen Islamisten noch mehr Zulauf bekommen."

     

    Müsste heißen so lange der Westen (mit Ausnahme der USA) auf Kuschelkurs mit der Hamas und allen anderen rel. Fanatikern ist und ihnen auch noch Mrd. $ für ihre Verbrechen in den Arsch schiebt...

     

    "Die Augen verschließen und nichts machen hat bei radikalen Machthabern bisher noch nie funktioniert."

     

    1. Macht Israel nicht nichts.

    2. Was bei denen vor allem nix bringt ist mit denen reden.

  • N
    nicolaus

    Natürlich: nur die bösen Israelis sind am Elend der Palästinenser schuld. Nicht ein Hauch von Verantwortung trifft deren Führer, islamistische Faschisten, Terroristen und Hassprediger, Frauenverächter, korrupte Figuren, die sich mit EU-Geldern bereichern. Nein, nein, wir können sicher sein: wenn Palästina endlich "befreit" ist (sprich: "juden- und christenfrei") dann werden dort Milch und Honig fließen...

  • T
    TOM

    Kindergarten was Israel betreibt und soll einfach nur zur beruhigung der Gemüter führen. Mal verschärfen sie es, mal lockern sie es leicht wieder. Sie schalten und walten wie die übelstens Gutsherren und dafür muss man noch dankbar sein? Was soll das? Weg mit diesem unsäglichen Verhalten gegenüber von so vielen Menschen im Freiluftgefängniss!!!

  • M
    mailo

    gaza hat auch eine grenze mit ägypten.

    wieso werden die waren und der menschenverkehr nicht über die grenze mit ägypten durchgeführt?

  • MS
    Mirko Schmidt

    Ganz klar was hier läuft, legalisierte Vertreibung.

    Wenn der Westen mit seinem Kuschelkurs für Israel weiter macht, dann werden die radikalen Islamisten noch mehr Zulauf bekommen.

    Die Augen verschließen und nichts machen hat bei radikalen Machthabern bisher noch nie funktioniert.

  • V
    vic

    Es war immer klar, dass der Warenverkehr nach Gaza nur für Schokolade, Marmalade, Tomaten, chinesisches Spielzeug und all so Zeug zugelassen wird.

    Die Euphorie darüber hab ich nie verstanden, denn Waren hat Gazas Bevölkerung genug. Sie müssen zerstörte Häuser und Infrastruktur aufbauen, und sie müssen Handel betreiben um leben zu können.

    Es hat sich nichts geändert.

  • SO
    Shame on you

    Ich frage mich wirkl. wie lange sich die TAZ-Leserinnen es sich gefallen lassen, sich so einseitig zur Nahost-Politik, wie es Frau Knaul tut, informieren zu lassen. Selbst die BBC schlägt auf ihrem Nachrichtenportal deutlich kritischere Töne an und verweist darauf, dass u.a. Personen nach wie vor nicht frei ein- und ausreisen dürfen, dass der Seezugang gesperrt bleibt usw.

    Es ist eine Schande, dass Frau Knaul dieses wichtige Ressort innehat, dass die TAZ es der Redakteurin erlaubt zu suggerieren, als gebe es hier essentielle sukkzesive Fortschritte. Tatsache ist, Israel verhindert alles, was dazu beitragen würde, dass die palästinensiche Wirtschaft lebensfähig wird. Es ist ekelhaft was ihr hier veranstaltet liebe TAZler u. hilft am Ende niemanden.