Israelische Außenpolitik: Gaza frei für Diplomaten
Israels Außenminister lässt überraschend die Einreise ausländischer Politiker in den Gazastreifen zu. Auch Außenminister Guido Westerwelle will sich der Delegation anschließen.
JERUSALEM taz | Der Gazastreifen soll künftig wieder für ausländische Politiker zugänglich sein. Erst am letzten Wochenende waren die Grenzanlagen am Kontrollpunkt Erez für den sehr verärgerten bundesdeutschen Entwicklungsminister Dirk Niebel versperrt geblieben. Dann plötzlich lud am Freitag Außenminister Avigdor Lieberman seinen italienischen Amtskollegen Franco Frattini dazu ein, eine europäische Diplomatendelegation in den palästinensischen Küstenstreifen zu begleiten. Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle will sich der Reise anschließen.
Bislang hatte Israel Vertretern einzelner Staaten die Einreise verwehrt, um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, die Hamas unterhielte normale Beziehungen zum Westen. Die wenigen ausländischen Diplomaten, die doch innerhalb der letzten vier Jahre den Gazastreifen besuchten, sind Vertreter jeweils eines Staatenverbundes.
Die Reiseerleichterungen für ausländische Diplomaten schließen sich an das diese Woche in Jerusalem angekündigte Ende des zivilen Embargos an. Abgesehen von dem nach wie vor umstrittenen Baumaterial, zu dem vor allem Zement und Eisenträger gehören, sollen künftig wieder tausende verschiedene Produkte in den Gazastreifen geliefert werden dürfen. Verboten bleiben lediglich Waffen sowie Material, das für die Waffenproduktion benutzt werden könnte.
Das Desaster am 31. Mai, als israelische Marinesoldaten auf hoher See neun propalästinensische Aktivisten erschossen, die auf dem Weg zum Gazastreifen waren, zieht damit erhebliche Lockerungen der Blockade nach sich, wenngleich der Personenverkehr für die palästinensische Bevölkerung weiter stark eingeschränkt bleibt. Entscheidend für eine wirtschaftliche Perspektive wäre zudem die Möglichkeit des Exports. Jahrelang durften überhaupt keine Waren aus dem Gazastreifen herausgebracht werden. Neu ist, dass Blumen und Erdbeeren exportiert werden.
Auf den grundsätzlichen diplomatischen Boykott der Hamas, den Israel, gefolgt von den USA und der EU, unmittelbar nach dem Wahlsieg der Islamisten vor viereinhalb Jahren ausrief, haben die Embargolockerungen zunächst keinen Einfluss. Die europäischen Diplomaten werden kaum mit offiziellen Vertretern der Hamas zusammenkommen, wenn sie ihre Reise nach Gaza antreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen