Schwarzarbeit und Zollkontrollen: Härtere Zeiten für Barbershops
Die Regierung verabschiedet ein Gesetz gegen Schwarzarbeit: In „verdächtigen“ Branchen soll strenger kontrolliert werden, auch mit Hilfe von Daten.
Friseursalons, Barbershops, Kosmetik- und Nagelstudios und plattformbasierte Lieferdienste sollen künftig zu den Branchen gehören, die von den Mitarbeiter:innen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit öfter geprüft werden. Die Erweiterung des Katalogs der Wirtschaftsbereiche, die als für Schwarzarbeit besonders anfällig gelten, ist Teil des Gesetzes zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung“, das am Donnerstag im Bundestag verabschiedet wurde.
„Wir identifizieren neue Brennpunkte der Schwarzarbeit“ sagte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) im Bundestag. Zudem werden man „große Mengen an Daten automatisiert analysieren“.
Bisher zählen zu den Schwerpunktbranchen der Finanzkontrolleure das Baugewerbe, die Gastronomie, die Personenbeförderung, Gebäudereinigung, das Prostitutionsgewerbe, das Wach- und Sicherheitsgewerbe und andere. In diesen Branchen gelten verschärfte Regeln. So müssen Mitarbeiter:innen in den Betrieben stets ihren Ausweis mit sich tragen, und die Arbeitgeber die Arbeitszeiten exakt dokumentieren.
Max Lucks, Grüne
Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks begrüßt in einer Stellungnahme, dass das Friseurhandwerk „in den Katalog der Schwarzarbeitsbranchen aufgenommen wird“. Eine konsequente Prüfung des Friseurgewerbes sei „aufgrund der Strukturveränderungen innerhalb der Branche dringend erforderlich“. Auch „Barbershops“ gehörten zum Friseurhandwerk, betonte der Verband.
Lieferdienste sind schwer zu kontrollieren
Für die Eröffnung eines „Barbershops“ muss der Inhaber keinen Meisterbrief vorweisen, sofern er nur Bartschnitte und Rasuren anbietet, was aber schwer zu kontrollieren ist. Vielen Friseursalons sind die oft migrantisch geführten Barbershops mit ihren niedrigen Preisen ein Dorn im Auge.
Es habe aber schon „einen Beigeschmack, dass nun ausgerechnet kleine Friseurbetriebe voll ins Visier genommen werden, aber nicht die Ausbeutung bei den Lieferdiensten“, sagte der grüne Abgeordnete Max Lucks. Er forderte die Bundesregierung auf, endlich einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie für die plattformbasierten Lieferdienste vorzulegen, wozu etwa Lieferando und Uber Eats gehören. Die EU-Richtlinie sieht eine stärkere Kontrolle von Scheinselbstständigkeit bei den Lieferdiensten vor. Viele der Fahrer firmieren als Selbstständige, obwohl sie komplett von den Plattformen abhängig sind. „Vonnöten wäre ein Verbot des Subunternehmertums bei den Lieferdiensten“, forderte zudem die Abgeordnete der Linken, Isabelle Vaudre.
Kontrolleure dürfen Fingerabdrücke nehmen
Das neue Gesetz erweitert die Befugnisse der Finanzkontrolleure bei Besuchen vor Ort. Diese dürfen „angekündigt und unangekündigt“ erfolgen. Bei Beschäftigten ohne Ausweis könnten „Lichtbilder und Fingerabdrücke“ gemacht werden, heißt es in dem Gesetzentwurf. Die personenbezogenen Daten werden mit Daten der Finanzämter, der Deutschen Rentenversicherung und auch dem „polizeilichen Informationsverbund“ abgeglichen, um illegale Beschäftigung und Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern aufzudecken.
Das Kernstück des Gesetzes sind umfängliche automatisierte Datenanalysen. Dafür soll eine Zentralstelle bei der Generalzolldirektion große Datenmengen der Unternehmen in den Schwerpunktbranchen routinemäßig durchforsten. Fallen dann „Anomalien“ zur Lohnstruktur, zum Umsatz und der Arbeitszeit der Beschäftigten auf, etwa in den Angaben bei der Deutschen Rentenversicherung, bei den Finanzbehörden und den Meldebehörden, so kommen die Finanzkontrolleure in den Betrieb. Die Daten der Unternehmen in den verdächtigen Branchen werden halbjährlich abgerufen und analysiert. Laut Gesetzentwurf ist der Datenschutz gewährleistet.
Bund, Länder und Sozialversicherungen winkten durch die verstärkten Überprüfungen Mehreinnahmen von rund 858 Millionen Euro bis zum Jahr 2029, heißt es im Gesetz.
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