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Schwarz-roter Senat in BerlinLehrermangel noch dramatischer

Senatorin Günther-Wünsch(CDU): Zum neuen Schuljahr werden rund 1.500 Lehrkräfte fehlen. Das sind eineinhalbmal so viele wie vor einem Jahr.

Die neue Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) muss schnell zusätzliche Lehrer finden Foto: dpa

Berlin taz | Zum neuen Schuljahr wird voraussichtlich noch deutlich mehr Unterricht ausfallen als bislang schon befürchtet: Fast 1.500 Lehrerinnen und Lehrer werden dann an Berlins Schulen fehlen, noch mal 50 Prozent mehr als zuletzt kolportiert. Schon zum Schuljahr 2022/2023 fehlten 973 Lehrkräfte. Das war am Dienstag nach der Senatssitzung von der neuen Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) zu hören. Sie warnte davor, auf wundersame baldige Besserung zu hoffen: „Es wird keine schnelle und keine einheitliche Lösung geben“, sagte sie vor Journalisten. Ihr Ansatz zur Problembewältigung: „Es darf in den kommenden Jahren keine Denkverbote geben.“

Günther-Wünsch, die bis zu ihrem hauptamtlichen Einstieg in die Politik 2021 selbst als Lehrerin arbeitete, hatte diese Zahlen zuvor im schwarz-roten Senat vorgestellt. Möglichkeiten, neue Lehrkräfte zu gewinnen, sieht sie im Einsatz von Lehrern mit nur einem Fach, in schnellerer Anerkennung ausländischer Abschlüsse und in weniger Abordnungen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich der Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern in Tätigkeiten außerhalb der Klassenzimmer. Allein Fort- und Weiterbildung soll dabei rund 1.400 Stellen ausmachen – bei 32.000 Lehrerstellen insgesamt. Günther-Wünsch bestritt nicht grundsätzlich den Sinn von Abordnungen, will diese aber „kritisch prüfen“. Weil das erst geschehen muss, mochte sie am Dienstag noch keine Größenordnung nennen, wie viele Lehrkräfte sie ins Klassenzimmer zurückbeordern lassen könnte.

Auf den von ihr verwandten Begriff „keine Denkverbote“ angesprochen, erwähnte Günther-Wünsch in der Pressekonferenz auch die Möglichkeit hybrider Unterrichtsangebote. Grundsätzlich will sie sich anschauen, wie andere Bundesländer mit dem Problem umgehen. Für sie steht zudem fest: Die jetzige Situation sei keine Frage der Attraktivität des Lehrerberufs, sondern Teil des allgemeinen Fachkräftemangels. Mit ihrer Senatskollegin vom Wissenschaftsressort, Ina Czyborra (SPD), will Günther-Wünsch auch an mehr Studienplätzen für Lehrer arbeiten, was aber nicht kurzfristig hilft.

Die neue Senatorin legte auch Zahlen zur Verbeamtung von Lehrern vor, die die SPD noch in der rot-grün-roten Koalition nach fast 20 Jahren Pause durchgesetzt hatte – sie soll die Abwanderung in andere Bundesländer stoppen. Laut Günther-Wünsch haben von 16.000 Lehrkräften bis zur Altersgrenze von 52 Jahren, die dafür infrage kommen, seit Mitte Februar 8.700 ihre Verbeamtung beantragt. Für die über 52-Jährigen soll es einen „Nachteilsausgleich“ von 300 Euro monatlich geben.

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3 Kommentare

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  • Es sind nicht "mehr fehlende Lehrer" sondern allenfalls eine aufrichtigere Analyse der Ist-Situation.

    Insbesondere die zwischenzeitlich fehlende Verbeamtung wird uns noch sehr lange nachhängen.

    • @DiMa:

      'Fehlende Verbeamtung" - ja, da haben sie sicher recht.



      Aber im Prinzip geht es doch nur darum, den bestmöglichen Vertrag zu bekommen. Das Haus in Südfrankreich wartet.



      Verbeamtung des Lehrerberufs ist völlig daneben. Aber solange es keine einheitliche Strategie gibt, dient das natürlich wunderbar als Erpressungsmittel. Wer würde nicht lieber in ein Bundesland gehen, wo die Zukunft super gut abgesichert ist - es sei denn, man bekommt burn-out.

      • @M. Stockl:

        Was kann einem besseres passieren als eine Verbeamtung im Falle des Burn-Outs?