Schwarz-Grün: Ahlhaus zum Appell
Hamburgs Möchtegern-Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) muss vor der grünen Basis eine Bewerbungsrede halten. Die wird danach entscheiden, ob die erste schwarz-grüne Koalition in Deutschland ohne Ole von Beust weiterregieren kann.
Das politische Hamburg geht in die Sommerpause. Die Landespressekonferenz nach der Senatssitzung am gestrigen Dienstagvormittag wurde abgesagt - die schwarz-grüne Regierung hat dem Volk nichts mitzuteilen. Am heutigen Mittwoch verabschiedet sich der scheidende Bürgermeister Ole von Beust (CDU) für drei Wochen in seine Zweitwohnung auf Sylt - Resturlaub abbummeln. Einzig Christoph Ahlhaus (CDU) muss hart arbeiten.
Der designierte Nachfolger des Regierungschefs lernt jetzt grüne Debattenkultur kennen. Die Basis des Koalitionspartners Grün-Alternative Liste (GAL) hat ihn zum Appell beordert. Am 18. August ist er als erster nicht-grüner Politiker zu einem parteiinternen Mitgliederabend geladen, um seine Bewerbungsrede zu halten. GAL-Parteivize Anjes Tjarks rechnet "mit regem Andrang". Etwa 400 Grüne werden es wohl werden, denen der 40-jährige Möchtegern-Bürgermeister Rede und Antwort stehen muss.
Einen wahren Gesprächsmarathon wird Ahlhaus in den nächsten Wochen überstehen müssen. Auf einem ersten Treffen des Koalitionssausschusses am Dienstagmittag hat er den Grünen bereits den ersten Treueschwur geleistet. Er stehe "zu jedem Punkt und jedem Komma des Koalitionsvertrages", hat Ahlhaus nach Angaben von GAL-Chefin Katharina Fegebank versichert. Dieser Ausschuss besteht aus den Spitzen des Senats sowie der beiden Parteien und Fraktionen und ist das Krisenbewältigungsgremium der Koalition. Bisher tagte es nur zu heiß umstrittenen Themen wie dem Kohlekraftwerk Moorburg oder der Schulreform - und jetzt zur Causa Ahlhaus. Ein zweites Treffen ist Anfang August geplant.
Auf dem Mitgliedertreffen der GAL unter Ausschluss der Medien am Montagabend, zu dem gut 200 Grüne gekommen waren, wurde heiß diskutiert, ob der eher als konservativer Hardliner aufgetretene Innensenator ein Garant für ein verlässliches, liberales schwarz-grünes Großstadtbündnis sein könnte. An der grünen Basis gibt es da viele kritische Stimmen. In der etwa vierstündigen Debatte über den Rücktritt von Ole von Beust und die Niederlage beim Volksentscheid über die Schulreform wurde mehrfach der Ruf nach dem Ende der schwarz-grünen Koalition laut.
Heftig spekuliert wird inzwischen über einen neuen CDU-Innensenator, falls Ahlhaus Bürgermeister werden sollte. Ein Überblick:
Bild und Hamburger Abendblatt nennen den Verfassungsschutz-Chef Heino Vahldieck. Der Jurist war lange Bürgerschaftsabgeordneter und Innenexperte. Möglich sei auch Sport-Staatsrat Manfred Jäger.
Die Welt favorisiert Innenpolitiker Kai Voet van Vormizeele und Fraktions-Vize Wolfgang Beuß, der bisher als Kirchenpolitiker glänzte.
Die taz spekuliert nicht mit.
"Neuwahlen wären die sauberste Lösung", meint etwa der GAL-Fraktionsgeschäftsführer im Bezirk Altona, Lars Andersen. Dass sich mit Ahlhaus grüne Inhalte im Rest der Legislaturperiode durchsetzen ließen, glaubt er trotz dessen Bekenntnis zum Koalitionsvertrag nicht: "Papier ist geduldig." Allerdings räumt Andersen ein, "dass die Mehrheit in der GAL die Koalition wohl weiterführen" wolle.
Skeptisch ist auch Andersens Fraktionskollege Sven Kuhfuss. Ole von Beust sei Bauherr des schwarz-grünen Projekts, da sei es nach seinem Abgang "sinnvoll, die Bürger noch mal zu befragen, statt in Hinterzimmern einen neuen Bürgermeister auszukungeln". Skeptisch sieht auch die Eimsbüttler GAL-Fraktionschefin Susanne Egbers den Fortbestand der Koalition: Dass die Christdemokraten gerade Christoph Ahlhaus zum Bürgermeister-Nachfolger küren, sei "ein Signal, dass die CDU ihr Profil schärfen wolle" - in Abgrenzung zu den Grünen.
Am Ende aller Koalitions-Debatten und der politischen Sommerpause stehen vier Termine: Ahlhaus Vortanzen vor der grünen Basis am 18. August, ein vermutlich problemloser CDU-Parteitag am 21. August und einen Tag später der vermutlich nicht unproblematische GAL-Parteitag. In der Bürgerschaftssitzung am 25. August will Ole von Beust offiziell zurücktreten, unmittelbar darauf soll Ahlhaus zum Bürgermeister gewählt werden.
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