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Schwarz-Grün in HessenDer Koalitionsvertrag steht

Bis zuletzt rangen CDU und Grüne um den Frankfurter Flughafen und die Landesfinanzen, jetzt sind sie sich einig. Details sollen am Mittwoch vorgestellt werden.

Werden sich jetzt fünf Jahre lang vertragen müssen: Tarek Al-Wazir und Volker Bouffier Bild: dpa

BERLIN afp | Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen in Hessen: CDU und Grüne sind sich über die Bildung der ersten gemeinsamen Regierung in einem deutschen Flächenland einig. In der Nacht zum Dienstag vereinbarten beide Parteien einen Koalitionsvertrag, wie CDU-Generalsekretär Peter Beuth und eine Sprecherin der Grünen der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. Zuvor hatte der hessische Rundfunk den CDU-Chef und amtierenden Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit den Worten zitiert: „Der Vertrag steht“.

Der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir sprach von einer guten Grundlage, fünf Jahre verlässlich regieren zu können. Bis zuletzt sei intensiv und teilweise hart über die Finanzausstattung der nächsten Jahre diskutiert worden, nun sei aber eine gute Lösung gefunden worden, fügte Ministerpräsident Bouffier laut der HR-Website hinzu. „Darüber freue ich mich.“

Al-Wazir sagte, man stehe vor der riesigen Aufgabe, in dieser Wahlperiode einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. Gleichzeitig müsse dafür gesorgt werden, dass das Land nicht kaputt gespart werde. Es gelte, die Finanzen im Lot zu halten.

Zuletzt hatten Vertreter beider Seiten über Wege zur Sanierung des defizitären Landeshaushalts verhandelt. Hessen hat ein strukturelles Defizit von jährlich fast 1,5 Milliarden Euro. Vom Jahr 2020 an darf das Bundesland wegen der in der Verfassung festgeschriebenen Schuldenbremse keine neuen Schulden mehr machen. Über diese Lösung wollen CDU und Grüne an diesem Dienstag informieren. Den Vertrag insgesamt wollen Bouffier und Al-Wazir am Mittwoch vorstellen.

Bereits am Montag hatten beide Parteien Einsparungen im Hochschulbereich angekündigt. So sollen die beiden langfristig angelegten Bau- und Forschungsprojekte Heureka und Loewe zeitlich gestreckt werden. CDU und Grüne vereinbarten außerdem, die Einbindung von Menschen mit ausländischen Wurzeln in Hessen zu verbessern. Dafür soll ein spezieller Integrationsplan erarbeitet werden.

Einigung zum Flughafen

Vergangenen Freitag hatten CDU und Grüne in Hessen mit Einigungen zum Frankfurter Flughafen eine wesentliche Hürde zur Bildung einer gemeinsamen Landesregierung genommen. So soll der Lärmschutz an Deutschlands größtem Flughafen verbessert werden, unter anderem durch regelmäßige Lärmpausen von sieben Stunden für die Anwohner.

Am Samstag müssen noch Parteitage von CDU und Grünen dem Koalitionsvertrag zustimmen. Sollte es dazu kommen, gäbe es in Hessen die erste schwarz-grüne Landesregierung in einem deutschen Flächenland. Ein solches Bündnis hatte es bislang nur im Stadtstaat Hamburg gegeben.

Nach der Landtagswahl im September hatte die CDU, mit 38,3 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, zunächst mit der SPD (30,7 Prozent) über die Bildung einer großen Koalition beraten. Dann entschieden sich die Christdemokraten jedoch für die Grünen.

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7 Kommentare

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  • 1
    1968

    @Walter Gleichmann

     

    Blockdenken ade, es lebe die Demokratie? Hätten Sie gleiches auch geschrieben, wenn es zu einem Rot-Rot-Grünen Bündnis gekommen wäre? Oder hätten wir dann von Ihnen auch gelesen: Wortbruch!?

     

    Was der CDU nützt, nennt sich also Demokratie, was ihr schadet, ist undemokratisch. Al-Wazir, der größte Kritiker Bouffiers, steht nun neben ihm und hält brav Händchen. Die eigenen Werte verraten, die Wähler verraten - aber niemand spricht von Wortbruch bei der CDU. Kein Wunder, diemsal passt es den Schwarzen ja auch in den Kram.

  • GT
    Grüne TAZ

    Wunderbar, ein "Durchbruch" (Zitat: dieser Artikel) also. Ich für meinen Teil kann die TAZ langsam nicht mehr ernst nehmen. Die schwarz-rote Koalition wird natürlich überaus kritisiert, die schwarz-grüne Koalition hingegen nicht. Von "Durchburch", von "Einigung", einem "Erfolg" ist die Rede. Liebe TAZ, Redaktion, das war's. Bitte färbt die Leiste eurer Homepage und Zeitung doch bitte grün. Links ist die grüne Partei ja auch nicht mehr, die TAZ dürfte damit auch zur gütbürgerlichen Gutmenschen-Zeitung zu werden. Siehe Prostitutions-Debatte.

  • TD
    Trägheit der Masse

    Was greinen die Grünen-Wähler hier herum? Es war doch absolut klar, wohin die Reise gehen wird. Und das schon vor der Hessen-Wahl. Wer die letzten Jahre noch Grün gewählt hat, der nennt Herrn Josef Fischer vermutlich auch heute noch liebevoll Joschka. Hallo, aufwachen! Fischer und seine Nachfolger haben mit der Umweltrevoluzzer-Truppe von einst noch so viel zu tun, wie Merkel mit der FDJ.

     

    Aber in vier Jahren wird das Kreuzchen wieder da gemacht werden, wo am Ende CDU draufsteht. Nur die dümmsten Kälber... um einmal Herrn Stoiber zu zitieren.

  • Kompromisse in Berlin sowie in Hessen! Eine neue Option zur jetzigen Bundesregierung wird zur Testphase! Blockdenken/Wahlkampf ade! Es lebe die Demokratie!

  • F
    friedbert

    Was könnte man für Geld bei den Hochschulen einsparen, würden keine Edelhölzer in den Bibliotheken mehr verbaut, würden Solarpanele auf dem Dach die Stromversorgung der Flure gewährleisten

    und würden alle Studiengänge

    der Anfangssemester als Fernstudium absolvierbar sein.

    Wieviel Heizkosten könnten gespart werden?

    Wieviel Abgase eingespart, wieviel Krebstote durch Feinstaub noch am Leben,

    wieviel mehr AbsolventInnen

    hochwertig qualifiziert,

    wieviele Staus vermieden,

    wieviele Kommunen tendenziell besser erhalten werden?

     

    Auf wieviel häßliche Zweckbauten könnte verzichtet werden? Wieviele hundert Mio.

    jährlich eingespart werden?

    Würden dann dankenswerter Weise

    die Kosten der medizinischen Forschung nicht dem Bildungsetat zugeordnet, weil ja letzlich Forschung zum Wohle der deutschen

    und internationalen Pharmariesen

    getätigt wird, dann käme man auf ganz preiswerte und voll umfängliche Weise aus.

    Die Mieten in den Studentenstädten würden sich wieder normalisieren. Junge Familien fänden wieder günstigen Wohnraum.

    Wenn dafür die Menschen mehr Laborpraktika, Bücher eine bessere Informationstechnik und Softwareausstattung sich leisten würden, würden die Konsumgütermärkte wieder deutlich profitieren, die ja letzlich das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung ausmachen und weit weit weniger Immobilienbranche.

    Die ländlichen Regionen würden weniger stark abgehängt.

    Fazit: Das Programm ist nicht gut genug!

  • J
    Jeronimo

    irgendwie sollte man mal kurz innehalten: die Grünen koalieren mit der rechtesten CDU, die es bundesweit gibt: der CDU in Hessen. Und kein Aufschrei, nicht einmal ein Aufbegehren von dem, was man früher einmal Basis genannt hat. Und die TAZ selbst, deren erstes Exemplar ich noch aufbewahrt habe: die TAZ vermerkt dazu auch nichts mehr. Also Glückwunsch TAZ: ihr seid in dem faulen Mist, den Zyniker die Realität nenen, endlich angekommen, intoniert vom sonoren Bass eurer Chefredateurin. It's time to pass away.

    • @Jeronimo:

      Du hast so recht - es ist einfach nur deprimierend. Und als Hessen-Bewohnerin kann ich nur sagen - Schande über die (Al Wazir + Schäfer Gümbel, der Feigling), die uns das hämische Grinsen eines Bouffier nicht erspart haben. Ich schäme mich dafür, jemals Grünen-Wählerin gewesen zu sein und blicke mit Besorgnis und Missmut in die Zukunft.