Schwarz-Gelb lehnt Asyl-Änderungen ab: Kein Bock auf Verfassung
Das Asylrecht verstößt gegen die Verfassung, doch Union und FDP haben Anträge der Opposition abgelehnt, es zu ändern. Einen eigenen Antrag hatte Schwarz-Gelb nicht.
BERLIN dpa | Der Bundestag hat mit der Mehrheit der schwarz- gelben Regierungskoalition eine Abschaffung oder Änderung des umstrittenen Asylbewerber-Leistungsgesetzes abgelehnt. Gegen Anträge der Grünen und Linken auf Aufhebung des Gesetzes stimmte neben der Koalition auch die SPD. Ein Antrag der Sozialdemokraten auf eine Reform des Gesetzes wurde am Donnerstag mit der Koalitionsmehrheit im Parlament abgelehnt.
Vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2012. Demnach verstoßen die seit 1993 unveränderten Leistungen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Seitdem haben die Länder die Regelsätze für die rund 130 000 Betroffenen als Zwischenlösung erhöht, eine Neuregelung auf Bundesebene steht aber noch aus. Nach Auffassung der Richter müssen die Sozialleistungen für Asylbewerber ungefähr auf das Niveau der Hartz-IV-Regelsätze angehoben werden.
In der Debatte warf Grünen-Fraktionschefin Renate Künast der schwarz-gelben Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine inhumane Asylpolitik vor. „So geht man nicht mit Flüchtlingen um“, sagte sie. Die aus Serbien und Mazedonien einreisenden Sinti und Roma, deren Zustrom Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beschränken will, seien keine Wirtschaftsflüchtlinge. Es gehe um Menschen, die in ihrer Heimat zum Teil „pogromartigen Ausschreitungen“ ausgesetzt seien.
Künast kritisierte auch die sogenannte Residenzpflicht für Asylbewerber, die sich nur in den Bezirken oder Landkreisen aufhalten dürfen, wo sie gemeldet sind. Dagegen verteidigte Unionssprecher Peter Tauber die von einigen Bundesländern bereits abgeschaffte Residenzpflicht und die Sachleistungen für Flüchtlinge. Bekämen sie mehr Geld, würden sie dies an Schlepper weiterleiten.
Die SPD-Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm warf der Regierung vor, „die Verfassung mit Füßen zu treten“, weil die Vorgaben der Karlsruher Richter ignoriert würden. Die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke sprach von „Verfassungsbruch“. Sprecher der Regierungsparteien sicherten eine zügige Umsetzung des Urteils zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch