Schutz vor häuslicher Gewalt: Geld für anonyme Spurensicherung
Die Frauenministerinnenkonferenz will Frauen besser vor Gewalt in der Beziehung schützen. Ost-Rentnerinnen sollen finanziell unterstützt werden.
„Gewalt in nahen Beziehungen ist eine Menschenrechtsverletzung und Ausdruck eines hierarchischen Geschlechterverhältnisses“, sagte Stahmann. Jedes Jahr würden 150 Frauen von ihren Beziehungspartnern oder früheren Partnern umgebracht, täglich 180 Anzeigen wegen Körperverletzung gestellt.
Ein entscheidender Punkt der Konferenz war die Finanzierung von anonymer Spurensicherung bei sexualisierten Übergriffen, die nach Auffassung der Gleichstellungsministerinnen so schnell wie möglich sicher gestellt werden soll. Bisher übernehmen Krankenkassen die Kosten für ärztliche Beweisdokumentationen nach beispielsweise einer Vergewaltigung nur, wenn zugleich eine Gewalttat angezeigt wird. Aber „Frauen und Mädchen sind nach einem Gewaltverbrechen häufig nicht in der Lage, die Tat anzuzeigen“, sagte Stahmann.
Daher gibt es in einigen Städten und Regionen, darunter Bremen, anonyme und anzeigenunabhängige Spurensicherungen für sexualisierte Gewalt. Bisher werden Spuren einer Vergewaltigung in der Regel nur gerichtsfest dokumentiert, wenn Betroffene sofort Anzeige erstatten. Mit einer anonymen Spurensicherung in Gewaltschutzambulanzen können Betroffene ihre Verletzungen anonym und rechtssicher ärztlich dokumentieren und sich „in Ruhe überlegen, ob sie Anzeige erstatten oder nicht“, wie Terre de Femme auf ihrer Website schreiben.
Anonym und rechtssicher
Die Forderungen an die Bundesregierung sind Teil der 2017 ratifizierten und im Februar 2018 in Kraft getretenen Istanbul-Konvention zur „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“. Bundesfamilienministerin Giffey und die Bundesregierung sind aufgefordert, eine Gesamtstrategie im Sinne der Konvention zu entwickeln.
Ein weiterer Beschluss der Konferenz betraf gut 28 Jahre nach der Wiedervereinigung Wendeverliererinnen. Bis 2019 soll die Bundesregierung ein Konzept für einen Rentenausgleich für Frauen vorlegen, die zu DDR-Zeiten geschieden wurden. Die Länder Sachsen, Brandenburg, Thüringen und Bremen hatten den Bund zuvor aufgefordert, die Diskriminierung von in der DDR geschiedenen Frauen zu beseitigen.
Insbesondere die Gleichstellungs- und Frauenministerin aus Sachsen, Petra Klöppel (SPD), hat sich seit Längerem für den systemgerechten Rentenausgleich eingesetzt. Besonders betroffen von Benachteiligung sind bisher DDR-Frauen, die keinen Versorgungsausgleich für Kinder und Erziehungsarbeit geltend machen konnten. Einen solchen nämlich gab es in der DDR nicht. Der Wiedervereinigungsvertrag hat dies bis heute nicht ausgeglichen. Für die DDR-Rente wurden nur die letzten 20 Arbeitsjahre angerechnet, für die Erziehungszeit erhielten Frauen als Rentenbeitrag einen symbolischen Betrag von drei Mark monatlich.
Der „Verein der in der DDR geschiedenen Frauen“ kümmert sich seit 1999 um dioeses Problem. Von einst 800.000 betroffenen Rentnerinnen leben dem Verein zufolge heute noch etwa 300.000 Frauen in durchaus existentiellen Nöten: In Folge der Ungleichbehandlung fehlten vielen Frauen 300 bis 400 Euro monatlich.
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