Schulfinanzen: Nachbarstreit um Schulgeld

Seit dieser Woche verhandeln Hamburg und Kiel über ein neues Gastschulabkommen. Bis zur Einigung nimmt Hamburg keine neuen Schüler auf.

Schülerstopp: Hamburgs Schulen nehmen vorerst keine neuen Schüler aus Schleswig-Holstein auf. Bild: dpa

Wie in jedem Jahr beginnt an der Waldorfschule Bergedorf am östlichen Rand Hamburgs vor Weihnachten die neue Anmelderunde für die erste Klasse. Doch diesmal steht die Sache unter Vorbehalt. Kommt es nicht bald zu einer politischen Einigung zwischen Hamburg und dem Nachbarland Schleswig-Holstein über ein neues Gastschulabkommen, muss Schulgeschäftsführer Thomas Schramm fast die Hälfte der Eltern wieder wegschicken.

"Die Verunsicherung ist sehr groß unter den Eltern, die aus Schleswig-Holstein kommen", sagt Schramm. Die Schule liegt zwar mitten in der Bergedorfer City, aber doch nur fünf Fahrradminuten von der Landesgrenze entfernt. Keine Hürde für Eltern, die das pädagogische Angebot der Waldorfschule oder der benachbarten Montessori-Schule schätzen. Nur kommt jetzt die Politik dazwischen.

Rund 6.300 Schüler, mit Wohnort in Schleswig-Holstein, gehen in Hamburg zur Schule, umgekehrt drücken nur etwa 750 Hamburger Schüler beim nördlichen Nachbarn die Schulbank. Immer wieder gab es Streit darüber, wie hoch der finanzielle Ausgleich des Nordlandes sein müsste. Zuletzt galt ein Abkommen aus dem Jahr 2003, nach dem die Landesregierung in Kiel pro Jahr 8,5 Millionen Euro zahlt. Dem standen nach Hamburger Angaben Kosten von rund 24 Millionen Euro gegenüber, dabei sind die eigenen Landeskinder, die im Umland zur Schule gehen, schon rausgerechnet.

In Hamburg gehen rund 6.300 Schüler aus Schleswig-Holstein zur Schule.

Etwa 2.500 besuchen eine staatliche Schule, etwa 1.750 eine Privatschule, die übrigen Berufsschulen.

Gibt es kein Abkommen, so wäre Hamburg nicht verpflichtet, Schüler aus anderen Ländern aufzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2004 eine entsprechende "Landeskinderklausel" des bremischen Privatschulgesetzes gebilligt.

Mit Niedersachsen gibt es keinen Konflikt um Gastschüler, weil die geografischen Grenzen deutlicher verlaufen. kaj

Als Hamburgs Schulsenatorin Christa Goetsch (Grüne Alternative Liste) im Sommer 2008 unter Spardruck geriet, nahm sie sich das Thema wieder vor. Ihre Behörde bemühte sich daraufhin um ein neues Abkommen. Als das nicht fruchtete, wurde das alte im Juni 2009 gekündigt.

Seither ist die Aufregung groß, besonders bei den Privatschulen, die allein 1.750 Gastschüler haben. "Würden wir kein Geld mehr bekommen, wäre unsere Schule in der Existenz bedroht", sagt der Bergedorfer Waldorfpädagoge Schramm. Immerhin, seit Mitte November gebe es von Christa Goetsch die Zusage eines "Bestandschutzes" für alle Schüler, die die Schule bereits besuchen. Betroffen sind allerdings die Neuanmeldungen für das kommende Schuljahr.

Nun trafen sich Schleswig-Holsteins Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) und Bildungssenatorin Goetsch zum Krisengipfel. "Wir arbeiten an gut nachbarschaftlichen Lösungen", ließen beide im Anschluss erklären. Die Staatssekretäre seien beauftragt, in "eilbedürftigen Fragen" schnell Antworten zu finden.

"Ziel ist schon, dass man Anfang des Jahres ein gutes Stück voran kommt", sagt Thomas Schnuck vom Kieler Bildungsministerium mit Blick auf die neue Anmelderunde.

Die Zeit eilt. Die Bergedorfer Waldorfschule ist angehalten, bis zum 19. Januar zu entscheiden, welche Kinder sie aufnimmt. "Zwei Väter", berichtet Schramm, "haben schon gefragt, ob sie nach Hamburg ziehen sollen".

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