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Schule soll schließenEltern fühlen sich übergangen

Die Grundschule in Berne wird nach den Sommerferien nicht mehr öffnen. Zu wenige Anmeldungen, zu marodes Gebäude. Der Bundeselternrat wundert sich sehr.

Schulwechsel: Für GrundschülerInnen in Berne wird der Weg nach den Ferien länger Foto: Christian Charisius

HAMBURG taz | Am Mittwoch geht es für Hamburgs SchülerInnen in die Sommerferien. Im Stadtteil Berne wird es auf dem Schulhof der Grundschule nach den sechs Wochen still bleiben. Die Außenstelle der Grundschule Karlshöhe wird aufgrund mangelnder Anmeldungen und hoher Renovierungskosten geschlossen.

Monatelang protestierten Eltern gegen diese Entscheidung der Schulbehörde. Das Klima der Debatte zwischen Befürwortern und Gegnern der Schließung war vergiftet – ein Problem, dass es oft gibt, meint der Bundeselternrat. „Die Behörden müssen an ihrer Kommunikation arbeiten und die Eltern in Entscheidungen besser einbinden“, sagt deren Sprecher Wolfgang Pabel.

„Die Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr waren einfach zu gering“, erklärt Schulleiterin Carola Studt. Und für die Renovierung des in den 1920ern erbauten Gebäudes wären einige Millionen Euro notwendig gewesen, da habe sich der Erhalt nicht mehr gelohnt.

„Hier gibt es keinen richtigen Hausmeister, der ständig anwesend ist. Wenn etwas kaputt ist, leidet sofort der Unterricht darunter“, sagt Studt. Die Mehrbelastung für die LehrerInnen sei ebenfalls hoch. Neben dem Standort in Berne besteht die Grundschule Karlshöhe noch aus zwei weiteren Standorten. „Weniger Standorte verbessern einfach die Lehrmöglichkeiten“, sagt Studt.

„Hier wurde über Jahre hinweg nichts am Gebäude gemacht. Das war doch schon von langer Hand geplant“, sagt Joachim Gillio von der Bürgerinitiative gegen die Schließung der Grundschule. Sein Sohn geht hier in die erste Klasse. Der gesamte Bezirksrat stellte sich gegen die Entscheidung der Behörde. Überall im Stadtteil hingen Transparente gegen die Schließung. Die Berner SPD-Vorsitzende schrieb ihrem Parteigenossen und Bürgermeister Olaf Scholz einen wütenden Brief – es änderte alles nichts.

„Vor allem ist es die Art der Kommunikation seitens der Behörde, die uns wütend gemacht hat“, sagt Gillio. Hilke Mellin, die auch der Bürgerinitiative angehört, ergänzt: „Indirekt wurde uns deutlich gemacht, dass wir ja das große Ganze nicht überblicken könnten. Wir seien ja so wahnsinnig dumm mit unseren Argumenten.“

Der Bundeselternrat wunderte sich über die Standortschließung in Hamburg. „Üblicherweise kennen wir Schulschließungen nur aus ländlichen Gebieten“, sagt Pabel. Durch das kontinuierliche Wachsen der größeren Städte wie Hamburg entstünden eher Platzprobleme.

Das war doch schon von langer Hand geplant

Joachim Gillio, Bürgerinitiative

Laut Kultusministerkonferenz wird es im Jahr 2025 zwar insgesamt 1,6 Millionen SchülerInnen weniger als 2011 geben, aber in Hamburg wird es einen leichten Zuwachs an SchülerInnen geben – Zehntausende schulpflichtige Geflüchtete noch nicht einberechnet. „Und Flüchtlinge, von denen viele schulpflichtig sind, werden ja selten im ländlichen Raum untergebracht werden“, sagt Pabel.

Der Bundeselternrat stellt sich nicht grundsätzlich gegen Standortschließungen. „Es muss nicht immer ein Nachteil sein, wenn ein Standort geschlossen wird“, sagt Pabel. Wenn die anderen Schulen, zu denen die SchülerInnen im neuen Schuljahr wechseln, durch die Einsparungen besser ausgestattet würden, entstünden bessere Lernbedingungen. „Aber für die Entscheidung zur Schließung eines Standorts muss eine Qualitätsverbesserung versprochen und aufgezeigt werden.“

Die künftig längeren Schulwege, die die Bürgerinitiative beklagt hatte, könnten in Kauf genommen werden. „Wenn dann am anderen Standort Geld bereitsteht – beispielsweise für die Anschaffung besserer technischer Geräte zum Lernen –, werden viele Eltern überzeugt“, sagt Pabel. „Man muss einfach miteinander reden.“

Ganz so einfach scheint das nicht zu sein. „Die Gründe für die Schließung finde ich zum Teil verständlich“, sagt Melin von der Initiative. „Aber das Vertrauen in die Behörden und in die Politik ist auf jeden Fall weg.“

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