Schule I: Ganz sicher keine neue Debatte
Wieder stehen Wachschützer vor elf Neuköllner Schulen. Sie sollen kontrollieren, wer auf das Gelände darf. Anders als 2008 regt sich niemand darüber auf. Warum?
Wie Rambo sieht Mostafa Mousavi nicht aus. Der 51-jährige Berliner iranischer Herkunft steht vor dem Albert-Schweitzer-Gymnasium nahe dem Hermannplatz und strahlt über beide Ohren. Er hat seinen Job zurück: Mousavi ist Wachmann, einer von 24, die seit Montag wieder vor Neuköllner Schultüren stehen. In seinem Fall handelt es sich dabei sogar um die Schultür, die er bis Abschaffung des Wachschutzes aus Geldmangel Ende 2011 kontrolliert hatte. Am Schweitzer-Gymnasium kennen die SchülerInnen den weißhaarigen Mann noch gut. Mousavis Tochter hat hier Abitur gemacht. Nun studiere sie an der FU, erzählt er stolz.
Mit der kürzlich bewilligten Aufstockung der Bezirksetats durch das Land bezahlt Neukölln die neue Schulbewachung. Als diese 2008 erstmals eingeführt wurde, hatte das viel Protest erzeugt: Als „paramilitärische Einheiten“ kritisierte etwa der damalige Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Wachschützer. Mittlerweile gebe es beim Senat ein „anderes Verständnis“ dafür, sagt Franziska Giffey (SPD), Neuköllner Bildungsstadträtin.
Doch nach wie vor ist Neukölln der einzige Bezirk, der zu diesem Mittel greift, um die Sicherheit von SchülerInnen zu gewährleisten. 11 Schulen haben sich aktuell für den Wachschutz entschieden, in der ersten Periode waren es 16.
Den Zuschlag hat die Firma RSD (Rheinische Sicherheits Dienste) bekommen: Deren Hauptsitz sei in Köln, berichtet RSD-Einsatzleiter Afif Abbassi. RSD habe sich aber bei der Ausschreibung unter neun Bewerbern als die Firma mit dem „besten Preis-Leistungs-Verhältnis“ hervorgetan, so Giffey.
Nur ein kleines Wappen auf dem Ärmel weist Mostafa Mousavi als Mitarbeiter der Sicherheitsfirma aus. Mit einem weiteren Kollegen wird er künftig wieder den Eingangsbereich der Schweitzer-Schule bewachen: Für mindestens 8,50 Euro die Stunde – denn ein Kriterium für den Wachschutzauftrag war die Einhaltung des Mindestlohns.
Das Gymnasium hat sich für die Wiedereinführung des Wachschutzes entschieden, weil es nach dessen Abschaffung dort gleich einen Zwischenfall gab: SchülerInnen entdeckten Junkies auf einer Toilette im Erdgeschoss des Schulgebäudes, die sich dort Heroin spritzten. Es ist Schulleiter Georg Krapp deshalb wichtig zu betonen, dass Aufgabe des Wachschutzes nicht die Lösung schulinterner Konflikte sei, sondern der Schutz vor schulfremden Eindringlingen, die es in der „nicht unproblematischen“ Gegend um den Hermannplatz und die Hasenheide immer wieder gebe. „Unsere Schüler fühlen sich beschützt, nicht bewacht“, so Krapp.
Man habe in der Zeit ohne Security auch andere Sicherheitskonzepte ausprobiert, berichtet Franziska Giffey, an der Schweitzer-Schule etwa ein Schließsystem mit Chipkarten, das sich allerdings als kaum praktikabel erwiesen habe.
An anderen Schulen hätte man dagegen andere Lösungen gefunden: So verzichte die Rixdorfer Grundschule auf die Bewacher, nachdem der Schulhof umgestaltet und besser ausgeleuchtet wurde, so Giffey. Bis 2013 ist die Finanzierung des Wachschutzes gesichert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos