Schuldenreport 2025: 47 Staaten zu „hoch belastet“ mit Schulden
Viele Länder geben laut Bericht mehr für Zinsen und Tilgung als für Bildung und Gesundheit aus. NGOs fordern Reformen der globalen Finanzarchitektur.

Kenia gehört zu den 47 Ländern, die laut dem Schuldenreport 2025 mit Schulden „hoch belastet“ sind. Sie geben mehr als 15 Prozent ihrer Staatseinnahmen für Zins- und Tilgungszahlungen an ausländische Gläubiger aus. Der Schuldenreport wird jährlich von der Entwicklungsorganisation Misereor und dem zivilgesellschaftlichen Entschuldungsbündnis erlassjahr.de herausgegeben.
Auch Pakistan gehört zu den hoch verschuldeten Staaten, lehnt eine Umstrukturierung wie Kenia bislang jedoch ab. Länder wie Sri Lanka und Suriname haben eine Umschuldung abgeschlossen – und bleiben dennoch hoch verschuldet.
„Wir wissen alle, dass wir auf keinem guten Weg sind, die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, sagte Malina Stutz, Referentin bei erlassjahr.de bei der Vorstellung des Berichts am Montag in Berlin. Bis 2030 wollte die Staatengemeinschaft grundlegende Menschenrechte überall auf der Welt verwirklichen, also etwa Hunger und extreme Armut beenden oder den Zugang zu Bildung und Gesundheit sicherstellen. „Um das zu gewährleisten, braucht es einen finanziell handlungsfähigen Staat“, sagte Stutz.
Schuldenkrise ist strukturell
Zum einen fehle das Geld, das Staaten für Schuldentilgung ausgeben, bei Bildung, Gesundheit oder Klimainvestitionen. Gleichzeitig gingen Sparmaßnahmen, die Gläubiger erwarten, zu Lasten der Bevölkerungen. Die häufigste Maßnahme seien Abstriche im Sozialsektor, die zweithäufigste Lohnkürzungen, erklärte Klaus Schilder, der zu Entwicklungsfinanzierung bei Misereor arbeitet.
Der Bericht zeigt: Die globale Schuldenkrise ist strukturell angelegt. „Viele Länder haben gar keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt, andere Länder bekommen Kredite nur noch zu sehr hohen Zinsen“, sagt Stutz. Problematisch ist auch, dass sie die meisten Kredite in ausländischen Währungen erhalten – die schwer zu bekommen sind. Verschärft wird das Problem dadurch, dass ihre eigene Landeswährung am Kapitalmarkt eine viel schwächere Position hat. Die Schulden wachsen also an, wenn ihre Währung abgewertet wird.
Gleichzeitig weist der Bericht auf die Probleme der bestehenden Gläubigerforen hin, in denen Schuldenerlasse und Umstrukturierung verhandelt werden, dem G20-Rahmenwerk und dem Pariser Club. Hier bestehen Machtasymmetrien zwischen den Gläubigern und Schuldnern, sagte Schilder. Häufig beteiligen sich private Gläubiger nicht an Schuldenerlassen. Verhandlungen sind zäh und langwierig. Und: „Die verhandelten Schuldenerlasse reichen oft nicht aus“, so Schilder, sie seien weder sozial noch ökonomisch tragbar.
Reformen der Finanzarchitektur
All das erfordere dringend Reformen der internationalen Finanzarchitektur, erklären die NGOs. „Dieses Jahr ist ein entscheidendes Jahr, um einen Richtungswechsel einzuleiten“, meint Schilder. Ende Juni findet nach zehn Jahren wieder eine UN-Konferenz zu Entwicklungsfinanzierung statt. Auf der Agenda liegen fairere Bedingungen für Entwicklungsländer, um Kredite aufzunehmen und ein Rahmenwerk für Staatsinsolvenzen, das in der UN – also von allen Staaten gleichberechtigt – verhandelt wird.
Misereor und erlassjahr.de fordern von der Bundesregierung, sich für ausreichend umfassende Schuldenerlasse einzusetzen. Private Gläubiger müssten gesetzlich verpflichtet werden, sich an Schuldenerlassen zu beteiligen. Die Organisationen fordern außerdem seit Jahren ein internationales Schuldenregister, damit auch die Zivilgesellschaft in den verschuldeten Staaten ihre Regierungen besser zu Verantwortung ziehen kann.
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