Schuldenkrise in Griechenland: Der IWF ist raus
Der Internationale Währungsfonds zieht seine Mitarbeiter in Brüssel ab. EU-Rat und Bundesbank erhöhen verbal den Druck auf Griechenland.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, dass die Gespräche zwischen den Geldgebern und Griechenland rasch wieder aufgenommen würden. „Die Verhandlungen werden zunächst auf technischer Ebene wieder starten, dann auf politischer“, sagte Juncker am Freitag dem Radiosender France Culture. „Eine Vereinbarung in den kommenden Tagen ist notwendig. Der Ball liegt im griechischen Spielfeld.“
Griechenlands Gläubiger – der IWF, EU und EZB – wollen die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras auf neue Wirtschaftsreformen verpflichten, ehe die letzte Hilfstranche von 7,2 Milliarden Euro fließen soll. Athen braucht das Geld für die Rückzahlung seiner zum Monatsende fälligen Schulden von insgesamt 1,6 Milliarden Euro an den IWF. Gelingt das nicht, droht ein Staatsbankrott und im äußersten Fall das Ausscheiden aus dem Euro. Denn das Hilfsprogramm für Griechenland läuft Ende Juni aus.
Allerdings gehen die Athen die Reformforderungen der Gläubiger zu weit und den Geldgebern reichen die bisher von Tsipras‘ Regierung angebotenen Maßnahmen nicht aus.
EU-Ratspräsident Tusk drängte Griechenland zur Eile. „Es ist keine Zeit für Glücksspiele“, sagte er. „Die griechische Regierung muss, denke ich, etwas realistischer sein.“ Schon das für nächste Woche anberaumte Treffen der 19 Finanzminister der Eurozone in Luxemburg könnte zur Schicksalssitzung für Athen werden, fügte Tusk warnend hinzu. Die Finanzmärkte reagierten nervös auf die Äußerungen, es kam zu massiven Kursverlusten.
Angesichts der ungewissen Folgen eines griechischen Euroaustritts für Europa und die globalen Finanzmärkte ließ der IWF indes durchblicken, den Gesprächsfaden nicht vollends abreißen lassen zu wollen. „Wir sind weiter engagiert“, erklärte IWF-Sprecher Gerry Rice am Donnerstag. „Der IWF verlässt den Tisch nicht.“
Renten, Löhne, Steuerreform
Dennoch sehe der Währungsfonds nun vor allem Athen in der Pflicht. „Ohne Reformen ist es für Griechenland nicht möglich, die Ziele zu erreichen“, sagte Rice. Das gelte vor allem bei der Rentenpolitik, die neben Arbeitsmarktregeln als größter Zankapfel im Schuldenstreit gilt.
Renten und Löhne machten 80 Prozent der griechischen Primärausgaben aus, führte Rice aus. Für Renten gebe das Land einen Betrag aus, der zehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung entspricht. Zum Vergleich: In der gesamten Eurozone beliefen sich die Ausgaben dafür auf durchschnittlich 2,5 Prozent, sagte Rice.
Griechenland müsse zudem eine Reform des Steuersystems anpacken. Das Land weise in Europa die größte Lücke zwischen fälligen und eingezogenen Umsatzsteuern auf. Dies liege daran, dass das System so komplex sei, sagte Rice. Eine Vereinfachung des Systems könnte die Steuereinnahmen um ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.
Bundesbankchef Weidmann sprach im Schuldenstreit von einem Wettlauf gegen die Zeit. Das Risiko einer Zahlungsfähigkeit steige mit jedem Tag, sagte er in London. Die größten Verlierer bei einem solchen Szenario wäre Griechenland und das griechische Volk.
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