Schuldenkrise in Argentinien: Zittern vor dem schwarzen Montag

Mitten in einer schweren Wirtschaftskrise schränkt Argentiniens Regierung den Devisenhandel ein. Der Kurs des Peso droht ins Bodenlose abzurutschen.

Leute kommen an einer Wechselstube in Buenos Aires vorbei. Die argentinische Regierung will die Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) später zurückzahlen als bislang vorgesehen.

Wechselstube in Buenos Aires: Der Peso verliert massiv an Wert Foto: dpa

BUENOS AIRES taz | Inmitten der wirtschaftlichen Turbulenzen in Argentinien hat die Regierung in Buenos Aires eine Einschränkung des Devisenhandels beschlossen. Die Regierung des wirtschaftsliberalen Staatschefs Mauricio Macri veröffentlichte am Sonntag ein Dekret, wonach große Exporteure künftig eine Erlaubnis der Notenbank für den Kauf von Fremdwährungen und zur Überweisung von Devisen ins Ausland einholen müssen. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 31. Dezember.

Nun zittert Argentinien vor einem schwarzen Montag. Der Kurs des Peso droht ins Bodenlose abzurutschen. Bei Aktien und Anleihen wird mit heftigen Kursverlusten gerechnet. Und alles, weil der Regierung die Dollars ausgehen. Von einem Run der Privatsparer*innen auf die Banken wird orakelt: Es wird befürchtet, dass Zehntausende gleich Montagmorgen die angesparten Dollar abheben und so in Sicherheit bringen könnten. Tatsächlich haben die Geldhäuser bereits verlängerte Öffnungszeiten angekündigt.

In den letzten Tagen hat die Regierung eine Maßnahme nach der anderen verkündet, um den befürchteten Run in den Dollar wenigstens abzubremsen. Mit der nun beschlossenen Einschränkung des Devisenhandels dürfen Argentinier*innen monatlich nicht mehr als 10.000 Dollar eintauschen. Handelsunternehmen müssen für den Devisenumtausch und Banken für größere Dollar-Überweisungen ins Ausland die Genehmigung der Zentralbank einholen. Für den Wirtschaftsliberalen Macri ist das der Offenbarungseid.

Seit dem 11. August beschleunigt sich die finanzielle Talfahrt am Río de la Plata. Dabei sind die negativen Auswirkungen auf die reale Wirtschaft noch gar nicht abzusehen. Auslöser war das für die Regierung verheerende Ergebnis der Vorwahlen. Die Aussicht, dass im Oktober der Mitte-links-Kandidat Alberto Fernández die Präsidentschaftswahl gewinnt, erschreckte Spekulant*innen und seriöse Finanzdienstleister gleichermaßen. Seither ist zum Rückzug aus kurz- und mittelfristigen Peso-Anleihen geblasen worden, und der so in Gang gesetzte Währungsumtausch drückt den Peso immer tiefer in den Keller.

Argentinien ist nur noch „eingeschränkt zahlungsfähig“

Um dem Einhalt zu gebieten, verkündete die Regierung einseitig eine Fristverlängerung ihres Schuldendienstes bei Banken und Investmentgesellschaften an. Das wurde zum Bumerang, der auf seinem Rundflug noch die letzten Quäntchen Vertrauen zertrümmerte, aber das Länderrisiko für argentinische Anleihen auf 2.534 Punkte katapultierte. Ende vergangener Woche stuften auch die beiden Ratingagenturen Fitch und Moody's Argentinien auf „eingeschränkt zahlungsunfähig“ herab.

Noch am vergangenen Freitag hatte die Zentralbank mit dem Verkauf von 2 Milliarden Dollar versucht, den Peso zu stützen und mit einer Zinsanhebung auf kurzfristige Peso-Anleihen auf sagenhafte 80 Prozent die Bondholder bei der Stange zu halten. Dennoch hatte der Dollar am Ende des Handelstags um einen Peso auf 61 Peso zugelegt. Dass der Kurs nach Handelsschluss gar auf 65 Peso anstieg, ist ein bangemachender Vorbote für den heutigen Handelsbeginn.

Erinnerungen an den sogenannten „corralito“ werden wach. Anfang Dezember 2001 hatte die damalige Regierung von Präsident Fernando de la Rúa die privaten Spareinlagen eingefroren. Pro Woche durften nur noch 250 Dollar abgehoben werden. Doch den Banken ging schnell das Bargeld aus, die Proteste schwollen an und der Präsident flüchtete mit dem Hubschrauber aus dem Amt.

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