„Schuld sind nur die Eltern ...“

■ Streitgespräch zur öffentlichen Sicherheit mit Innensenator Borttscheller (CDU) und dem grünen Bundesvorständler Trittin

Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) konnte einem schon fast leid tun. In einem Streitgespräch zur öffentlichen Sicherheit mit dem grünen Bundesvorstandssprecher Jürgen Trittin am Donnerstag abend im Kito mußte er sich zugleich noch zwei anderen Widersachern stellen. Die NDR-Journalistin Catarina Felixmüller moderierte so einseitig, als stünde sie auf der Lohnliste der Grünen. Und das Publikum unterstützte Borttscheller höchstens zu 20 Prozent. Also – keine leichte Aufgabe.

Der setzte sich auch erstmal in die Nesseln, als er zum Thema objektive Sicherheit seine neuen Bundesgrenztruppen ins Gefecht führte – zum Unwillen der ZuhörerInnen. Trittin konterte: „Die öffentliche Sicherheit in Bremen muß schlecht sein, wenn sie schon den BGS brauchen.“ Trittin schafft Sicherheit lieber über Stadtplanung. Durch Personalabbau – etwa in Bahnhöfen – habe man immer mehr leere Räume geschaffen, die Unsicherheit vermitteln würden.

Selten nahe standen sich die zwei Delinquenten in der Drogenpolitik und -kriminalität. Borttscheller outete sich als Befürworter „flächendeckender Methadonausgabe“. Als ärztliche Therapie würde der Innensenator sogar kontrolliert Heroin einsetzen und dafür Gesetze ändern. Allerdings wird Borttscheller dies auch weiterhin mit Repressionen untermauern. „Durch unsere harte Gangart haben wir die Drogenrate um 30 Prozent gesenkt“, so Borttscheller. Trittin hält dies für grundsätzlich falsch. Er forderte eine ausreichende Anzahl Therapieplätze. „Das ist zu finanzieren, weil jeder schwer Drogenabhängige monatlich einen volkswirtschaftlichen Schaden von 15.000 Mark anrichtet.“

Am stärksten regte sich jedoch Widerstand gegen Borttschellers These zur Jugendkriminalität, Schuld an allem seien nur die Eltern, die ihren Kindern wieder mehr „christliche Werte vermitteln“ müßten. Dennoch, Borttscheller blieb hart. Solche Werte würden heute kaum noch vermittelt. Ergo: Die Jugendkriminalität und „geistige Verwahrlosung“ steige. Wie er innerhalb der Familien jedoch wieder „christliche Werte“ vermitteln will, verriet der Innensenator nicht. Er wolle nicht in die Politik seiner Kollegin Senatorin Tine Wischer reinreden. Das Publikum murrte.

Weitere Höhepunkte des Abends war Borttschellers Einschätzung zur Nazizeit: „Das waren auch nur zwölf Jahre.“ Trittin packte daraufhin die „Faschismuskeule“ aus. Und ein Innensenator, der sich in der Ausländerpolitik lediglich als „Gerichtsvollzieher mit einem humanitären Spielraum sieht, der gegen Null tendiert“ aber mit „aufgehetzten Schulklassen“ konfrontiert wird. Schulklassen, die dafür aber vom Bundespräsidenten ausgezeichnet werden. Borttscheller blieb die Antwort schuldig.

Alles in allem vertraten die beiden Gesprächspartner nur längst bekannte Thesen. Mit zwei Abstrichen: Fragen nach dem Streitgespräch gingen nur an Borttscheller, Trittin hatte „sein“ Publikum im Griff. Und: Der Innensenator gab sich im Vergleich zu CDU-Veranstaltungen recht brav. „Heute hatte er Kreide gefressen“, hieß es später aus dem Zuschauerraum. Jeti