Schulbeginn in Bremen: Jetzt noch mehr Maske
Seit Montag müssen Oberstufenschüler*innen auch im Unterricht eine Maske tragen. Vielen gehen die Maßnahmen der Bildungssenatorin nicht weit genug.
So steht es in der neuesten Verordnung der Behörde vom Mittwochabend. Auch Fünft- bis Zehntklässler*innen sind von der Regel betroffen – wenn sie die genannten Räume regelmäßig mit den Älteren teilen. Grundschüler*innen bleiben von der Maskenpflicht befreit.
Schon vor den Ferien, beim Überschreiten der 50er-Marke, also des Wertes, der die Anzahl der Corona-Infektionen auf 100.000 Einwohner*innen innerhalb einer Woche beschreibt, war dieses Szenario absehbar. Inzwischen ist er in Bremen auf rund 100 geklettert. Abstandsregeln, Maskenpflicht auf Fluren der Gebäude und die Pflicht zum Lüften – alle 20 Minuten mindestens für fünf Minuten – gelten wie vor den Ferien.
Sie finde die neuen Regelungen gut, sagt eine Lehrerin, die anonym bleiben möchte, einer berufsbildenden Schule der taz. Sie sehe aber Probleme bei der Umsetzung vieler Maßnahmen. An ihrer Schule gebe es Räume, die nicht gelüftet werden könnten. „Ich weiß aber nicht, ob die momentan genutzt werden. Man bemüht sich ja um eine gute Raumaufteilung.“
Martin Stoevesandt, Zentraler Elternbeirat
Einige Räume seien aber schlicht zu klein oder hätten keinen Beamer, sodass Lehrkräfte gern wechseln wollten – was eigentlich zu vermeiden sei. Und auch Waschbecken fehlten teilweise, ebenso wie Desinfektionsmittel. Das Lüften hält sie für machbar, auch wenn sich ihre Schüler*innen schon vor den Ferien beschwert hätten, weil es so kalt war. „Aber dass ich die wie vorgeschrieben alle 45 Minuten auf den Pausenhof lasse – wie das gehen soll, weiß ich nicht.“ Unterrichtet werde nur in Doppelstunden.
In den Pausen spiele sie öfter den „Spielverderber“, wenn sich Schüler*innen zu nahe kämen. Auch Kolleg*innen hielten sich teilweise nicht an Abstände. „In Konferenzen sind mir Leute auf die Pelle gerückt. Wegrücken ist zwar unangenehm, aber es geht halt gerade nicht anders.“
Auch eine Grundschullehrerin in Kattenturm sagt, sie fühle sich in der Schule derzeit nicht wohl. Auch sie bittet darum, ihren Namen nicht zu veröffentlichen. Es gebe neben dem Masketragen der Erwachsenen nichts, was ein Gefühl von Schutz vermitteln würde. Dass die Grundschüler*innen weiterhin von der Maskenpflicht befreit sind, verstehe sie – „das würde nicht funktionieren“.
Das sagt auch Bogedans Sprecherin Stephanie Dehne. Bei Grundschüler*innen ergebe eine Maskenpflicht zudem keinen Sinn, weil „in der Grundschule ganz wenig Infektionsgeschehen ist“, erklärt Dehne weiter. Das Gesundheitsamt erhebe entsprechende Daten.
Problematisch daran sei, findet die Grundschullehrerin, dass die Kleinen so denken müssten, Corona sei vorbei. Ihr Wunsch: zurück zu den Halbgruppen. Die Frage nach kleineren Unterrichtsgruppen stelle sich in ihrer Behörde immer mal wieder, sagt Dehne. Aber das sei schwierig zu organisieren. Außerdem wolle man „möglichst viel Normalität und das Grundrecht auf Bildung“ gewährleisten.
Die Bildungssenatorin habe zudem Sorge, dass nicht alle Familien zu Hause Unterricht gewährleisten könnten – und dass bei Kindern mit familiären Sorgen soziale Probleme aufträten. „Es wird durch das Infektionsgeschehen immer mal wieder zu Hybridunterricht kommen“, so Dehne. „Aber das jetzt flächendeckend einzuführen, halten wir für falsch.“
Das sehen sowohl die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) als auch der Personalrat Schulen in Bremen anders. Beide wollen Maßnahmen, wie das Robert-Koch-Institut sie fordert: Masken und kleinere Gruppen für alle Jahrgangsstufen. „Nur in Halbgruppen lassen sich die Abstandsregeln konsequent einhalten. Gleichzeitig wurden in Halbgruppen vor den Sommerferien viele gute pädagogische Erfahrungen gesammelt“, sagt Elke Suhr, Landesvorstandssprecherin der GEW. Die Gewerkschaft fordert eine verlässliche Betreuung für alle Schüler*innen bis mindestens Klasse sechs. Hierfür müsse aber das Personal aufgestockt werden, heißt in einer Erklärung der GEW.
Brief an den Bürgermeister
Dagmar Reinkensmeier vom Personalrat Schulen erzählt von Anfragen von Kolleg*innen: „Es gibt ganz viel Angst und Verunsicherung auf Seiten der Beschäftigen.“ Deswegen hat man sich am Donnerstag mit einem Brief an Bogedan, Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und den gesamten Senat gewandt. „Bremen bleibt mit seinen Plänen für den Schulbetrieb nach den Herbstferien weit hinter empfohlenen Maßnahmen zurück“, heißt es darin. Die Vorgehensweise des Senats ist für den Personalrat nicht nachvollziehbar, er hält sie für „riskant für die mittelfristige Aufrechterhaltung des Schulbetriebs“.
Martin Stoevesandt ist Vorstandssprecher des Zentralen Elternbeirats Bremen. Auch er kennt die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts – aber hält sie für empirisch nicht nachvollziehbar und die Maskenpflicht nicht für die Lösung. Ein „Es könnte helfen“ reiche nicht für einen derartigen Grundrechtseingriff, sagt er. Zwar habe der Elternbeirat die Maskenpflicht für den Unterricht in der Oberstufe ursprünglich mitgetragen, aber nur in der Erwartung, dass es dafür eine Lockerung der Quarantäne-Regeln geben würde. „Diese Hoffnung hat sich zerschlagen“, sagt Stoevesandt.
Denn trotz Maske müssten nun bei einem Coronafall in der Klasse alle Mitschüler*innen in Quarantäne – statt nur direkte Sitznachbar*innen. Dem Elternbeirat gehe es darum, den Unterricht sicher zu gewährleisten. Das sei mit möglichen Quarantäne-Phasen nicht vereinbar. Froh ist Stoevesandt, dass Bremen, anders als andere Bundesländer, den Jüngeren eine Maskenpflicht erspart.
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