Schul-Agentur lehnt AfD-Mitglieder ab: Pädagogisch ungeeignet
Eine Hamburger Agentur für Schulpersonal stellt keine AfD-Mitglieder ein. Die AfD fühlt sich diskriminiert und droht mit rechtlichen Schritten.
Die Hamburger AfD sieht sich von dieser Regelung diskriminiert und reagierte mit einer schriftlichen Kleinen Anfrage an den Senat. Als einen „eklatanten Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ bezeichnete der Fraktionsvorsitzende Alexander Wolf das Vorgehen in einer Pressemitteilung am Freitag. Sollte die Anti-AfD-Klausel nicht unverzüglich entfernt werden und Hamburger Schulen die Zusammenarbeit mit der Agentur fortsetzen, werde die Partei rechtliche Schritte einleiten.
Für Wolfhard Westphal ist die Empörung der AfD nicht nachvollziehbar. „Wir sind nun mal keine normale Personalagentur, wir tragen Verantwortung für die Erziehung von jungen Menschen“, sagte der Jurist am Freitag der taz. Seine Agentur würde rund ein Viertel der Hamburger Schulen vor allem im Bereich der Ganztagsbetreuung mit Personal versorgen. Viele davon lägen in soziale Brennpunkten, meist hätten weit über 50 Prozent der Schüler*innen einen Migrationshintergrund. „Wie soll ein Mitglied einer solchen Partei etwa die Integration von Flüchtlingskindern fördern, gegen Diskriminierung eintreten oder kulturelle Toleranz lehren?“, fragt Westphal.
Wolfhard Westphal, Geschäftsführer „Lernzeit Personal-Agentur für Schulen und Kitas“
Auch rechtlich sieht sich der Jurist mit seiner Anti-AfD-Klausel auf der sicheren Seite. „Sie ist von Paragraf 8 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gedeckt.“ Auf Grundlage dieses Gesetzes würde schon seit Jahren Scientology-Mitgliedern die Betätigung im sozialpädagogischen Bereich untersagt.
Der Paragraf besagt, dass Ungleichbehandlung wegen einer Weltanschauung zulässig ist, wenn die Einstellung bei der Art der Tätigkeit eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ darstellt. Für Westphal stellen „Toleranz gegenüber allen Schülergruppen“ und das „Fehlen von Fremdenfeindlichkeit“ bei Schuleinsätzen eben solche Anforderungen dar. Man könne es deshalb nicht verantworten, Mitglieder von Parteien wie der AfD an Bildungseinrichtungen zu vermitteln.
Den von den Rechtspopulisten ausgerufenen Skandal sieht Westphal nicht. „Für mich wird das Ganze erst zum Skandal, wenn der rot-grüne Senat unsere Klausel für rechtswidrig erklären sollte.“ Damit würde, so Westphal, der Paragraf 8 dahingehend ausgelegt werden, dass die Kursleitertätigkeit an Schulen auch mit fremdenfeindlicher Einstellung durchgeführt werden könne. Dennoch sei er im Zweifel bereit, die Klausel anzupassen.
In der Senatsantwort auf die Kleine Anfrage der AfD heißt es nämlich, dass für den Fall, dass sich die Verträge als rechtswidrig herausstellten und nicht abgeändert würden, die zuständige Behörde die Zusammenarbeit mit der Agentur einstellen werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern