Schütze zum Thema Staatsbürgerschaft: „Ich fühle mich als Deutscher“
Der Sportschütze Christian Lauer nahm die armenische Staatsbürgerschaft an, weil er dort erfolgreich war. Nun hat er ein Problem mit deutschen Behörden.
taz: Herr Lauer, Sie sollten für Armenien bei der Olympiade antreten. Warum sind Sie jetzt nicht in Rio?
Christian Lauer: Das liegt an den Behörden. Seitdem ich Armenier bin und mich in Deutschland aufhalte, ist meine Reisefähigkeit eingeschränkt. Ich habe nur eine einmonatige Duldung, die bis jetzt immer wieder verlängert wurde. Damit erhalte ich in vielen Staaten außerhalb Europas kein Visum und konnte nicht an den Qualifikationswettbewerben in den USA und Südkorea teilnehmen. Ansonsten wäre das ein Pappenstiel gewesen.
Eigentlich sind Sie Deutscher, haben aber 2013 die armenische Staatsbürgerschaft angenommen. Bereuen Sie das inzwischen?
Das bereue ich nicht. Die Staatsbürgerschaft wurde mir wegen „besonderer Referenzen“ als Sportler verliehen. Außerdem war es eine Voraussetzung, meine Frau zu heiraten. Wir wurden in Armenien getraut.
Christian Lauer, geboren 1980 in Hessen, ist Weltmeister im Armbrustschießen. Als Sportschütze wollte er bei Olympia für Armenien antreten.
Die deutsche Staatsbürgerschaft wurde Ihnen daraufhin im Februar 2014 aberkannt. Zu Recht, wie der hessische Verwaltungsgerichtshof am Donnerstag entschied. Droht Ihnen jetzt die Abschiebung?
Das wäre übertrieben, ich bin immer noch ehemaliger Deutscher. Aufenthaltsrechtlich ist hier noch nichts endgültig entschieden.
Sie leben mit Frau und Tochter in Deutschland. Wie wirkt sich das Urteil auf Sie aus?
Meine Frau fühlt sich sehr wohl hier, ist gut integriert, und meine Tochter wurde in Deutschland geboren. Ich gehe davon aus, dass sie hier weiterhin ein ganz normales Leben führen werden können.
Ehemalige deutsche Staatsbürger können eine Wiedereinbürgerung beantragen. Werden Sie das tun?
Natürlich werde ich prüfen, was hier möglich ist. Ich fühle mich als Deutscher, spreche kaum ein armenisches Wort, und hier hatte ich schon immer meinen Lebensschwerpunkt.
Können Sie sich vorstellen, weiterhin für Armenien auf internationalen Wettkämpfen anzutreten?
Selbstverständlich. Schließlich bin ich hier Ehrenstaatsbürger und in der Bevölkerung beliebt. Sportliche Erfolge sind hier sehr wichtig für den Ruf des Landes, noch wichtiger als in Europa. Mir bleibt auch nichts weiteres übrig, als international für Armenien anzutreten. Zumindest wenn ich an der Olympiade teilnehmen will. Armenien hat mir eine Pass-Nummer für Athleten verliehen. Die ist ein Leben lang gültig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn