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DIE DEUTSCHE IRANPOLITIK ROMANTISIERT DAS MULLAH-REGIMESchröder soll zu Hause bleiben

Die Reise von Bundestagspräsident Thierse nach Teheran sei gut für die deutsch-iranischen Beziehungen, heißt es. Und wofür sind diese Beziehungen gut? Für die Menschenrechte haben sie in den letzten 22 Jahren gar nichts gebracht. Dafür wurden die Zustände im Iran zementiert und diverse bilaterale Wirtschaftsverträge abgeschlossen. Um dies nicht zu sehen, muss man die iranischen Verhältnisse entweder romantisieren oder ignorieren. Beides wurde in Florian Harms’ Beitrag zum Thierse-Besuch (taz vom 22. 2.) mehr als deutlich.

Es ist zwar wahr, dass mit Thierse erstmals ein Bundestagspräsident in den Iran gereist ist. Doch war dies kein einzigartiges Ereignis von besonderer Bedeutung: Vor ihm waren schon Hans-Dietrich Genscher (1984 und 1988) und auch Joschka Fischer (April 2000) in Teheran – beide immerhin deutsche Außenminister. Schwerer wiegt, dass die Islamische Republik keineswegs „die ersten zehn Jahre nach der Revolution (...) dank des Charismas ihres Gründers“ durchstand – sondern durch die Hinrichtungen tausender politischer Gegner.

Auch ist das Problem der deutsch-iranischen Beziehung niemals die Aussprache „der bitteren Wahrheiten“ gewesen. Es verhält sich genau umgekehrt: Leisetreterei, Schweigen und Interessenpolitik waren und sind die Hauptmerkmale der deutschen Iranpolitik. Die Städtepartnerschaft Isfahan/Freiburg zum Beispiel ist in den Augen der Mullahs tatsächlich eine ideale Beziehung: Denn hier herrscht Respekt für die andere „Kultur“, hier gibt es deutsches Theater mit zwangsverschleierten Schauspielern – und keinerlei Einmischung in der Menschenrechtsfrage.

Eine moderne, menschenrechtsorientierte Beziehung der Bundesrepublik zum Iran hat ein großes Hindernis: die Verfassung der Islamischen Republik und ihre Verteidiger. So undiplomatisch es klingen mag, es muss doch gesagt werden: Echte Hilfe für die Iraner bedeutet Demokratisierung und Säkularisierung des Landes. Und das ist nur gegen den Willen der derzeitigen Machthaber im Iran zu haben. HAMID NOWZARI

Vorstand des Vereins iranischer Flüchtlinge in Berlin

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