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Schottische Regierungschefin SturgeonVom Brexit-Chaos profitieren

Nicola Sturgeon plant ein neues Referendum für eine schottische Unabhängigkeit. Das hängt von den Brexit-Plänen ab, über die nun entschieden wird.

In der britischen Presse wurde Nicola Sturgeon schon als „Königin von Schottland“ bezeichnet Foto: ap

In den nächsten Wochen – das ist die vage Zeitangabe, an die sich derzeit Schottlands Unabhängigkeitsbefürworter klammern. In den nächsten Wochen will die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon bekannt geben, wann sie ein neues Referendum über die Abspaltung vom Vereinigten Königreich plant.

Eigentlich hätte das Anliegen der schottischen Separatisten noch ad acta liegen sollen: Schließlich hatte der Norden Großbritanniens erst 2014 bei einem Votum gegen ein autonomes Schottland gestimmt. Doch seitdem die SchottInnen zwei Jahre später mehrheitlich gegen den Brexit stimmten, nun aber trotzdem mit aus der Europäischen Union austreten müssen, sehen die UnabhängigkeitsbefürworterInnen den Auftrag für ein neues Votum. Und Sturgeon soll dafür sorgen, dass bald eines auf den Tisch kommt.

Die 48-Jährige ist seit dem Teenageralter überzeugte Anhängerin der schottischen Nationalpartei SNP. Schon mit 16 Jahren trat sie in die Partei ein, die derzeit die Minderheitsregierung in Edinburgh stellt. Privat ist die Regierungschefin eine Buchliebhaberin, auf ihrem Twitterprofil teilt sie immer wieder Buchempfehlungen. Schon ihre Mutter Joan Sturgeon war SNP-Politikerin. Doch als Inspiration für ihren Gang in die Politik nennt Sturgeon oft eine andere Frau – und zwar als Negativbeispiel: Die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher, deren Wirtschaftspolitik in Schottland besonders befremdete.

Sturgeon ist populär – teilweise lagen ihre Beliebtheits- und Bekanntheitswerte in Schottland so hoch, dass die britische Presse sie als „Königin von Schottland“ bezeichnete und zur neuen Maria Stuart kürte. Und auch wenn die heftigsten Zeiten der „Nicolamania“ vorbei sein dürften, könnte bald ihre große Stunde schlagen.

Krachend gescheitert

Schon kurz nach der Brexit-Abstimmung 2016 hatte Sturgeon die Karten auf den Tisch gelegt: Das Vereinigte Königreich, in dem die BewohnerInnen Schottlands laut ihrem Votum im Jahr 2014 verbleiben wollten, existiere nicht mehr, erklärte sie im britischen Fernsehen. Sie müsse nun als Erste Ministerin sehen, was die Interessen Schottlands am besten absichere.

2017 holte sie sich dann die Zustimmung des schottischen Parlaments, Verhandlungen mit der britischen Regierung über ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum aufzunehmen. Doch das wollte Premierministerin Theresa May den SchottInnen wohl erst einmal nicht gestatten. Umfragen zeigen überdies, dass die Unabhängigkeitsbefürworter immer noch nicht über eine eindeutige Mehrheit für die Trennung vom Vereinigten Königreich verfügen.

Für Sturgeon ist nun der weitere Fortgang der Brexit-Vorbereitungen entscheidend, so zunächst einmal der Plan B für den Austritt, den May am Montag im britischen Parlament vorstellen wird. Der mit Brüssel ausgehandelte Austrittsvertrag war am vergangenen Dienstag im Parlament krachend gescheitert, ein Misstrauensvotum hatte May am Tag darauf aber überstanden.

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11 Kommentare

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  • Sturgeons Problem ist, dass ein Zwergstaat Schottland in der EU wohl nichts zu sagen hätte. Außerdem ist der Thatcherische Neoliberalismus der EU näher als London. Aber Sturgeon stünde natürlich eine große Internationale Karriere offen, man muss die schottischen Schafe nur überzeugen!

    • @EricB:

      Nicolas Problem ist daß Leute generell Angst vor Veränderung haben! Es gibt andere kleine Staaten in der EU die durchaus erfolgreich sind. Schottland ist in so vielen Aspekten ganz anders als der Rest des UK. Es geht hier nicht um die Karriere einer einzigen Person.... Sie verstehen das Land nicht.

  • Die Friesen, die sich auf drei Länder aufteilen und schon bei Caesar erwähnt sind, sollten endlich einen Nationalstaat bekommen! Russland, die USA und Osteuropa könnten Waffen zur Verfügung stellen. Als Kulturförderung für bedrohte Völker!

  • Immerhin. Eins muss man der EU lassen. Wenn Sie auch sonst nur als eine kapitalistische Internationale auf europäischer Ebene agiert, schafft sie es neuen Nationalismus in alle Länder zu tragen und die irgendwie zu zerteilen. Sei es wie jetzt in UK durch einen einfachen Austritt des vereinten Landes oder durch Kriege, die die Hauptprotagonisten der EU führen wie in Jugoslawien. Und wo ein Staat schon ohne viel EU-Hilfe zerfallen ist, gelingt es immerhin noch wie im Falle Russland / Ukraine Hass zu schüren.

    Nur der schlimmste Nazi-Staat ist größer geworden: Deutschland.

    • @Age Krüger:

      Das war durchaus im Plan. Man nannte das: Jugoslawisierung Europas. Steht in sämtlichen politischen Konzepten der letzten 25 Jahre. Sogar Frankreich, Spanien und Italien sollten ethnisch zerteilt werden. Der Zentralstaat war davon natürlich nie betroffen.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @EricB:

        Wer sind eigentlich diese Strippenzieher, die alles zerteilen wollen, indem sie alles vereinen ?

        Und wie jugoslawiert man einen Staatenbund, indem man ihn zerstört (wie olle Slobo) oder indem man ihn vereint (wie olle Josip) ?

        • @60440 (Profil gelöscht):

          Sie glauben doch nicht ernsthaft, eine kohärente Antwort auf Ihre Fragen zu bekommen? Derartige Theorien sind in der Regel Ausdruck unverstandener Verhältnisse – oder absichtsvolles Getrolle.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Na ja - in der Trennung von den „geliebten“ Engländern haben die Schotten ja eine weitreichende Jahrhunderte alte Erfahrung. Vor allem, wie‘s nicht geht.



    Vorschlag: Zurück zum guten alten Hadrianswall. Oben ist oben und unten ist England und Wales. Die Ile of Man bleibt Elli II Privatbesitz und Nordirland wird aufgegeben - inkl. eines protestantischen Evakuierungskommandos. So etwa?



    Bei soviel Kleinscheiß kann Europa nur scheitern.

    • @97088 (Profil gelöscht):

      Nuja, das Konzept des "Europa der Regionen" hat durchaus seine plausiblen Seiten. Es müsste halt nur mit der Aufsplitterung der Mitgliedsstaaten eine Stärkung der Union einhergehen...

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @97088 (Profil gelöscht):

      Da ist die Unabhängigkeit Kataloniens natürlich unabdingbar. Die Flamen brauchen ebenso einen eigenen Staat. Und Südtirol wird selbständig.



      Wenn dann erst die Republik Padania ausgerufen wurde, wird Bayern endlich das Joch der Unfreiheit abschütteln, nicht ohne dass vorher die Franken einen Ausrreiseantrag gestellt haben, wobei noch nicht sicher ist, wie sich Unterfranken der Hegemonie Nürnbergs gegenüber verhalten wird ...

    • 8G
      87233 (Profil gelöscht)
      @97088 (Profil gelöscht):

      LoL.

      Was besonders auffällt, ist wie weit die verschiedene Nationalitäten und Gruppierungen innerhalb der UK liegen.



      Die Engländer (nach dem Konservativen Presse) sind Schmarotzer die auf Kosten die Engländer leben und die nur die letzten 3 Prime Minister gestellt mit allen Ärgernis.



      Die Nord-Iren: die Graben zwischen Nationalisten und Unionisten ist massiv. In Belfast kannst Du zum selben Thema mit die beiden Gruppen sprechen und Du denkst danach dass es verschiedene Themen waren, die nun gar nichts mit einander zu tun haben (historisch, aktuell oder zukunftige Themen).

      Die Walliser? AKtuell zählt nur Rugby.

      Die Engländer: Remain, Remain-maybe, Brexit-maybe, Breixt-kostet-es-was-es-wolle sind nur vier von die Gruppen. Und das alleine bei die Tories......

      Was für einen Mist - und wir hängen mittendrin.......