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Schon wieder ShitstormHamburger Polizei bekommt Fanpost

Das Social-Media-Team der Polizei postet eine Postkarte, die sie von einem Schüler namens „Ben“ erhalten haben will. Das motiviert Nachahmer*innen.

Ein Fall für die Soko „Wand und Farbe“? Plakatwand der Roten Flora Foto: Rote Flora

Hamburg taz | Das Referat „Öffentlichkeitsarbeit“ der Polizei hat es manchmal nicht leicht. Es muss eine positive Außenwirkung der Polizei vermitteln, Journalist*innen Fragen beantworten, Social-Media-Kanäle bespielen und sich manchmal für das schwer nachvollziehbare Verhalten der eigenen Kolleg*innen rechtfertigen. Da ist die Freude wahrscheinlich umso größer, wenn mal Fanpost kommt. Diese Freude in den sozialen Netzwerken zu zelebrieren, kann allerdings nach hinten losgehen.

Am Mittwoch postete die Polizei auf Twitter das Foto einer Postkarte von einem Jungen namens „Ben“ und bekam dafür einen Shitstorm.

„Liebe LBP,“ steht handschriftlich auf der abfotografierten Karte, „unsere Deutschlehrerin hat uns den Auftrag erteilt einer Menschengruppe eine Postkarte zu schreiben, die gerade besonders wichtige Arbeit leistet. Da es auch mein großer Traum ist zur Polizei zu gehen sind Sie mir sofort eingefallen. Danke dass sie in dieser heiglen (!) Situation weiterhin für Ordnung auf den Straßen sorgen. (...) Deshalb halten sie die Ohren steif und DANKE. LG Ben.“

Ein Fake, vermuten viele Twitter-User*innen. Die Karte ist nicht frankiert, außerdem würde wohl kein Schüler die Abkürzung „LBP“ – für Landesbereitschaftspolizei – verwenden. Auch die Wortwahl wirkt nicht gerade kindlich und der Rechtschreibfehler bei „heiglen“ eher künstlich. Zudem merken viele User*innen an, dass die Schrift nicht nach einer Kinderschrift aussieht. Das Polit-Künstler-Kollektiv „Peng!“ weist darauf hin, dass seit vergangener Woche Sommerferien sind.

„Ben gibt es wirklich“

Die Polizei beteuert die Echtheit der Karte: „Ben gibt es wirklich, er ist Jugendlicher und hat diese Postkarte selbst verfasst“, twittert das Social-Media-Team. Die fehlende Briefmarke gehe darauf zurück, dass die Karte in einem Umschlag gesteckt habe.

Die Diskussion bezeichnet Polizeisprecher Holger Vehren als absurd. „Die Polizei genießt höchste Vertrauenswerte in der Bevölkerung. Entsprechend ist uns die Wichtigkeit der inhaltlichen Richtigkeit unserer Meldungen bewusst. Vor diesem Hintergrund ist es lächerlich, die Authentizität des Briefs in Abrede zu stellen“, sagt er der taz.

Auf Twitter, wo der Ton oft rau ist, geht das polizeiliche Social-Media-Team zum Angriff über: „Wir finden es besorgniserregend, dass ein anerkennender, authentischer Brief eines Jugendlichen an die Polizei dazu führt, dass er (und die Polizei) derart angefeindet werden.“

„Angefeindet“ ist vielleicht etwas viel gesagt. Twitter-User*innen verstehen die Postkarte wohl eher als Challenge, mal wieder auf das aus der Mode gekommene Medium zurückzugreifen.

Die linksradikale „Gruppe für den Organisierten Widerspruch“ (Grow) postet eine Postkarte mit der Aufschrift „Liebe Growis (...) da es auch mein großer Traum ist, zu den Autonomen zu gehen, seid ihr mir sofort eingefallen. Danke dass ihr in dieser heiglen Situation für Widerstand auf den Straßen sorgt. LG Ben.“ Die gephotoshoppte Briefmarke zeigt ein Porträt von Innensenator Andy Grote (SPD) mit der Aufschrift „1312“, dem Zahlencode für „All cops are bastards“).

Auch Šaša Stanišić postet

Der preisgekrönte Schriftsteller Šaša Stanišić postet eine Karte, adressiert an das „Landesrosenkohlamt“: „Liebe Rosenkohl-Gemeinde, unsere Bio-Lehrerin hat uns die Aufgabe erteilt einem Gemüse/einer Menschengruppe, der/die gerade besonders wichtige Arbeit leistet, eine Postkarte zu ­schreiben. Danke dass sie trotz der ganzen Situation in der Rosenkohl-Hass-Bubble, habe vergessen, wie der Satz anfing.“ Twitter-User*innen diskutieren oft – nicht ganz ernst gemeint – über das viel gehasste Kleinstgemüse.

Eine Userin scshreibt: „Hallo Polizei, ich schreib dir, weil unsere Deutschlehrerin uns den Auftrag erteilt hat, das kleine ACAB zu üben.“ Auf der Postkarte steht „Schätzungsweise jährlich 12.000 rechtswidrige Übergriffe durch euch.“ Datum: 13. 12. 2020, Adresse: FCK CPS.

In der Nacht zum Donnerstag schwappte die Netzdebatte dann ins Offline-Leben. Die Plakatwand der Roten Flora war erst am Wochenende von der Polizei übermalt worden, nachdem dort ein brennendes Polizeiauto mit dem Titel „The Kids are alright“ zu sehen war – eine Anspielung auf die Krawalle in Stuttgart und den USA. Auch in der Vergangenheit hatte die Polizei dort öfters unliebsame Inhalte übermalt, auf welcher Rechtsgrundlage, ist dabei unklar.

Nun ist dort eine weitere Postkarte von „Ben“ abgebildet. „Liebe Polizei“, steht da, gefolgt von der üblichen Einleitung. Und weiter: „Ich finde es schön, dass ihr neben der ganzen Polizeigewalt & rassistischen Kontrollen noch Zeit findet, euch künstlerisch auszuleben. Wenn ich groß bin, will ich auch Maler werden.“

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1 Kommentar

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  • „Ben gibt es wirklich, er ist Jugendlicher und hat diese Postkarte selbst verfasst“



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    Woher will die Polizei Hamburg das denn wissen?



    Wenn sie doch nur einen Umschlag mit dieser beschriebenen Postkarte erhalten hat.



    Woher /kann/ sie wissen, dass "Ben" Jugendlicher ist?



    Also überhaupt Jugendlich sei und männlich und "Ben" nicht für eine weibliche Person (z.b. Bente) steht?



    Woher /kann/ die Polizei wissen, dass "Ben" die Postkarte selbst verfasst hat?



    Und woher will sie wissen, dass "Ben" die Briefmarke auf den (angeblichen) Briefumschlag geklebt hat, "Weil nicht mehr genug Platz war"?