Scholz und Merz im Bundestag: Alles andere als auf Augenhöhe
In der Generaldebatte im Bundestag sucht Oppositionschef Merz seine Rolle. Mit seinen polemischen Attacken macht er es Kanzler Scholz einfach.
Die Generaldebatte, das Duell des Oppositionsführers gegen den Kanzler, ist ein fixes Ritual des Parlaments, ein Schaulaufen der Rhetorik. Merz kann ein begnadeter Redner sein. Im September provozierte er den unterkühlten Scholz zu einem Temperamentsausbruch.
Am Mittwochmorgen polemisiert und attackiert Merz. Vor allem aber hält er dem Kanzler vor, nach dem 27. Februar keine zweite große Rede gehalten zu haben und die Zeitenwende nicht zu nutzen, um „Bürokratie abzubauen und wettbewerbsfähige Industrie zu fördern“. Das klingt sehr nach dem Vorwurf, Scholz setze das Parteiprogramm der Union nicht um.
Merz macht es Scholz damit einfach. Der Kanzler kontert die Kritik an der Verwendung des 100 Milliarden Sondervermögens für die Bundeswehr knapp – man werde das Geld langfristig und effektiv verwenden. Er legt ausführlich die bekannten Verdienste der Regierung dar, vom beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren über die Kindergelderhöhung bis zu den geplanten LNG-Terminals. Wer wie Merz behaupte, die Ampel habe in 16 Wochen mehr falsch gemacht als die Union in 16 Jahren, „glaubt auch an sprechende weiße Kaninchen. Willkommen im CDU-Wunderland, wo die Realität auf dem Kopf steht.“
Union und FDP giften sich an
Die Rollen wirken vertauscht. Merz hält eine „Was würde ich im Kanzleramt machen“-Rede, Scholz macht die rhetorischen Punkte. Zum gestörten deutsch-französischen Verhältnis, an dem der Kanzler seinen Anteil hat, verliert Merz kein Wort. Die Union scheint den Spagat zwischen staatstragender Rolle und harter Opposition noch nicht wirklich zu beherrschen.
Das wirft auch die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge der Union vor. Jens Spahn rede von Klimadiktatur, eine „überdrehte Polemik, die man sonst nur von der AfD“ kenne. Merz habe mit dem Wort Sozialtourismus für Flüchtlinge aus der Ukraine in die gleiche Kerbe gehauen.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel wirft der Regierung vor, „Millionen an Schleuser“ zu verteilen und den „Migrantensturm“ auf Deutschland anzuheizen. Sie müht sich nicht mehr darum, auch nur minimale Distanz zu rechtsextremer Propaganda zu wahren.
Ansonsten macht die vierstündige Debatte sichtbar, wie angespannt das Verhältnis zwischen FDP und Union ist. CSU-Mann Alexander Dobrindt ätzt, dass FDP-Finanzminister Lindner „einen Schattenhaushalt nach dem anderen“ schaffe und „Investitions- mit Illlusionsquote“ verwechsele. FDP-Haushälter kontern genüsslich mit dem Hinweis, dass Änderungsanträge der Union zum Haushalt allesamt Mehrausgaben fordern – und keiner fordert zu sparen.
Fundamentale Kritik an der Ampel kommt von Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. „Ihre Politik hat mehr Verspätung als die Deutsche Bahn“, sagt er. Gas- und Strompreisbremse reichten nicht aus. Nötig seien staatliche Preiskontrollen auf dem Energiemarkt. Die Mineralölkonzerne hätten 38 Milliarden Euro Profit gemacht. Statt die Reichen an den Krisenkosten zu beteiligen, mache die Ampel „Wellness für die Wohlhabenden“.
So weit, so klar und links. Nebenher baut Bartsch noch die Formel ein, die Ampel mache aus der Industrienation Deutschland „eine Kerzenrepublik“. Das ist nahe am apokalyptischen AfD-Untergangssound. Und an Sahra Wagenknecht.
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