Scholz im Bundestag zu Hamas-Angriff: „An der Seite Israels“
Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilt den Hamas-Terror mit deutlichen Worten. Die Bundesregierung werde Israel konkret unterstützen.
Überhaupt ist die Atmosphäre im Plenarsaal an diesem Tag gedrückt und nachdenklich – kaum Zwischenrufe, kein höhnisches Gelächter. Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, nannte den 7.Oktober, als Terroristen der Hamas in Israel einfielen und an einem Tag mehr als 1.000 Israelis ermordeten, einen Alptraum. Er stellte klar: „Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht sich und seine Bevölkerung gegen diesen barbarischen Terror zu verteidigen.“ In diesem Moment gebe es für Deutschland nur einen Platz. „Den Platz an der Seite Israels“. Das sei gemeint mit dem Satz „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson.“
Ein Satz, den zuerst Angela Merkel gebrauchte, als sie 2008 eine Rede in der Knesset hielt, die erste Rede, die im israelischen Parlament auf Deutsch gehalten wurde. Die Solidarität erschöpfe sich aber nicht in Worten, so Scholz. Er habe den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gebeten, ihn über Unterstützungsbedarf zu informieren, Unterstützung werde unverzüglich geprüft und gewährt.
Israel hat Deutschland bereits um Munition für Kriegsschiffe gebeten. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstagmorgen am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel. Zudem hat Israel nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unter anderem auch wegen Blutkonserven und Schutzwesten angefragt.
Behörden sollen gegen Samidoun vorgehen
Gleichzeitig kündigte Scholz an, die gesamte Unterstützung für die palästinensischen Gebiete auf den Prüfstand zu stellen und kritisierte die palästinensische Autonomiebehörde und Palästinenserpräsident Mahmut Abbas: Wo bleibe die klare Verurteilung der terroristischen Gewalttaten. Das Schweigen sei beschämend.
Der Kanzler kündigte auch an, dass die Bundesregierung härter gegen Antismitismus in Deutschland vorgehen werde. Die Regierung werde ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen und den palästinensischen Verein Samidoun verbieten. Schon jetzt ist es strafbar, Verbrechen der Hamas zu verherrlichen, sie zu unterstützen oder isrealische Flaggen zu verbrennen. Der Verein Samidoun hatten den Angriff der Hamas gefeiert und Süßigkeiten im Berliner Stadtteil Neukölln an Passant:innen verteilt. Scholz verurteilte auch die Jubelfeiern im Iran und gab dem Mullahregime eine Mitschuld: Ohne die lange Unterstützung für die Hamas wäre der Angriff nicht möglich gewesen.
Die Lage in der Region ist hochexplosiv, Scholz warnte vor einem drohenden Flächenbrand, der auf weitere Länder übergreifen könnte. “Die Hisbollah darf nicht in die Kämpfe eingreifen. Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, Israel anzugreifen.“ Das ist eine klare Drohung, nicht nur an die vom Libanon operierende Hibollah, sondern auch an den Iran und Syrien, die die Angriffe der Hamas unterstützen.
Scholz verteidigt geplante Gespräche mit dem ägyptischen Präsidenten, dem Emir von Katar und dem türkischen Präsidenten. „Den Kritiker sage ich: Es wäre unverantwortlich in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen könnten.“ Einmal erwähnte Scholz die Zweistaatenlösung, also die Koexistenz eines jüdischen und eines palästinensischen Staates. Dieses Ziel werde man nicht aufgeben, „auch wenn es heute weiter entfernt scheint denn je.“
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz gab sich in seiner Rede anschließend ruhig und bekannte sich zur Einigkeit mit den Regierungsfraktionen beim Thema Israel. „Ich möchte Ihnen, Herr Bundeskanzler, für die Regierungserklärung danken“, sagte der Oppositionsführer mit Blick zur Regierungsbank gleich zu Beginn seiner Ansprache. „Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt dem israelischen Volk“, betonte er. Als Familienvater könne er den unermesslichen Schmerz der Menschen in dem Land nur erahnen, sagte Merz.
Fraktionsübergreifend erhielt Merz Applaus. Er nahm ebenfalls Bezug auf die Hamas-freundlichen Demonstrationen in Deutschland. „Die Bilder von gestern Abend sind unerträglich und müssen unterbunden werden.“ Er stellt Bedingungen für die Geldzahlungen in die palästinensischen Gebiete. „Wer Israel vernichten will oder den Holocaust leugnet, der darf kein deutsches Geld bekommen.“
Der Bundestag verurteilte anschließend in einem gemeinsamen Entschließungsantrag von SPD, Union, Grünen und FDP die „feigen Terrorakte“ der Hamas und forderte die Bundesregierung auf, Israel „volle Unterstützung und jedwede Solidarität zu gewähren“.
Eine Erklärung, die sicher auch die Linkspartei unterzeichnet hätte, wenn es die Union nicht zum Prinzip gemacht hätte, jegliche Zusammenarbeit, nicht nur mit der Afd, sondern auch mit der Linkspartei auszuschließen. Der Fraktionsvorsitzende der Linken Dietmar Bartsch machte jedenfalls an die Bundesregierung gerichtet klar: „Wir stehen an ihrer Seite. Verantwortlich ist die Hamas, ohne Wenn und Aber.“
Bartsch fordert aber auch eine Kursänderung in der deutschen Iran-Politik. Der Iran wolle Israel zerstören. „Wir wissen alle, dass der Iran die Hamas aktiv unterstützt. Wir müssen aufhören, Wissen und Technologie an den Iran zu exportieren.“ Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädierte für eine Kursänderung.
Am Ende der Debatte kam es dann doch noch zum Schlagabtausch. Merz Vorgänger als CDU-Chef, Armin Laschet, lobte die vorangegangenen 90 Minuten weil die Polarisierung der Gesellschaft beim Thema Israel für kurze Zeit aufgehoben gewesen sei – jedenfalls bei den demokratischen Parteien. Das sorgte für heftigen Protest aus der AfD-Fraktion, deren Politiker*innen Laschet Versäumnisse als Landesintegrationsminister in Nordrhein-Westfalen vorwarfen.
Laschet warb für Differenzierung und dafür, stärker auf jene Staaten zuzugehen, die seit 2020 das Existenzrecht Israels anerkannt haben. Auch Saudi Arabien hatte Zeichen der Annäherung signalisiert. „Wir müssen uns stärker engagieren, bei denen, die willens sind zu kooperieren“, so Laschet. Die einzige Absicht der Hamas sei es diese Annäherungsprozesse zu zerstören.
Aktualisiert und ergänzt am 12.10.2023 um 11:25 Uhr d. R.
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