: Schneewittchens Interface
Die Designmessekongressblockseminarausstellung „profile intermedia“ findet zum fünften Mal im Bremer Messecentrum statt. Dabei sind wieder mal internationale Design-Ikonen
So sieht wohl ein Kommunikationsknotenpunkt aus: sechs Schreibtische, eng aneinander. Darauf I-Macs, Notebooks, Kaffeebecher. Über der Spüle Spaghetti-Fotos, überlebensgroß. Die Luft zum Schneiden. Als wollte der Nachwuchs schon mal für das Leben in der echten Werbeagentur trainieren. Für fast ein Jahr haben sechs Designstudenten der Bremer Hochschule ihren Lebensmittelpunkt in das winzige Büro verlegt, akquirieren Sponsoren, planen Werbung, entwerfen Flyer. Der Lohn: Sie kommen mit den Superstars der internationalen Designszene in Kontakt, die sich Anfang Dezember in Bremen die Klinke in die Hand geben.
Dann ist wieder „profile intermedia“ im Messecentrum, zum fünften Mal schon. Dann kommen wieder um die 1.000 Designprofis, Studenten und interessierte Laien zu einem großen Blockseminar zusammen. Dann geht es um Film, Foto, Grafik, Produktdesign, Animationen, Objektkunst und, und, und …
Ein wenig anders soll es sein als im vergangenen Jahr: mehr Seminar, weniger Ausstellung. An der hatte es im letzten Jahr Kritik gegeben – zu willkürlich erschien die Zusammenstellung. Deshalb will man sich in diesem Jahr räumlich und inhaltlich mehr konzentrieren: Ein Gutteil der für jedermann kostenlos zugänglichen Ausstellungsfläche im Erdgeschoss ist zusätzlichen „Pavillons“ für Workshops gewichen – statt zwei im letzten Jahr sind es jetzt sieben.
Dieses Jahr hat Mastermind Peter Rea, Professor an der veranstaltenden Hochschule für Künste, das Motto „Kontraste“ ausgegeben – ein Titel, der zumindest auf den ersten Blick fast alles möglich macht. Das Ziel dahinter ist, die unterschiedlichsten Designer – diesmal aus elf Ländern – zusammen zu bringen und dadurch eine befruchtende Atmosphäre zu erzeugen. Das haben die Organisatoren wörtlich genommen: Stargast ist der Nestor des modernen deutschen Produktdesigns, Dieter Rams. Er hat das klassische Design der Firma Braun geprägt, unter anderem jene frühe Kompakt-Musikanlage entworfen, die als „Schneewittchensarg“ in die Geschichte einging. „Wir wollen so einen Mann, der eigentlich nur mit zwei Grautönen arbeitet, mit Leuten wie Thomas Marecki vom Lifestyle-Magazin Lodown zusammenbringen, die mit ihren quietschbunten Layouts die Sehgewohnheiten der Jugend revolutioniert haben“, sagt „profile“-Sprecher Alexander Hanowski.
Weitere – kontrastreiche – Neuentdeckungen dürften die Vorträge von Ute Mahler über Modefotografie in der DDR und von Tanja Diezmann über Interface-Design sein. Fast schon zu den Stammgästen gehört die Firma Imaginary Forces aus Los Angeles, die ihre Titelsequenz für Steven Spielbergs Film Minority Report vorstellen wird. Auch nicht zum ersten Mal sind Fernando Gutierrez vom colors magazine, das Hamburger Trendbüro und der Szenograph Uwe Brückner dabei. Wer noch was werden will in der Design-Welt, sollte sich an Omar Vulpinari halten: Der Design-Chef der Benetton-Denkfabrik fabrica ist immer auf der Suche nach begabtem Nachwuchs. Wer am Schluss wirklich da gewesen sein wird, bleibt bei der „profile“ allerdings traditionell ein wenig Überraschung. Jan Kahlcke
Profile Intermedia, 6.-8. Dezember, Messecentrum Bremen. Frühbucher aufgepasst: Noch bis zum 3. Dezember kosten die Tickets 348 Euro (Studenten 168 Euro), danach 580 Euro (280 Euro)
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