piwik no script img

Schnäppchentag bei AmazonDachbesetzung und Streiks

In Niedersachsen protestieren Umweltschützer auf dem Dach von Amazon. An mehreren Standorten sind Mitarbeiter vorübergehend in den Streik getreten.

„Für die Tonne“: Greenpeace-Protest bei Amazon in Winsen (Luhe) Foto: dpa

Winsen/San Francisco dpa/afp | Der Versandkonzern Amazon hat gleich an mehreren Ecken Ärger. In Niedersachsen protestiert Greenpeace gegen die Vernichtung neuer Waren, die Amazon als Retouren zurücknimmt. Und gleich in mehreren Auslieferungslagern von Amazon, nicht nur in Deutschland, haben Mitarbeiter gegen die Arbeitsbedingungen gestreikt.

Im niedersächsischen Winsen an der Luhe harren rund 30 Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace weiterhin auf dem Dach des Logistikzentrums von Amazon aus. Sie waren am Sonntagabend auf das Gebäude geklettert. „Wir sind weiter vor Ort“, sagte Viola Wohlgemuth als Sprecherin der Aktion am Dienstagmorgen. Die Umweltschützer wollen mit der Aktion gegen die Vernichtung neuer Waren protestieren, die Amazon als Retouren zurücknimmt. Sie wollen bis Dienstag um Mitternacht auf dem Dach bleiben.

„Wir gehen davon aus, dass das im Lauf des heutigen Tages beendet ist“, sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Harburg. Von den Aktivisten würden die Personalien erhoben, wenn sie das Dach verließen. Es gehe um den Vorwurf des Hausfriedensbruchs.

Nach Angaben von Greenpeace gehen rund 30 Prozent aller Amazon-Retouren nicht wieder in den direkten Verkauf. Amazon hatte im Juni erklärt, die überwiegende Mehrheit der zurückgegebenen Produkte komme erneut in den Verkauf, gehe an Lieferanten zurück oder werde je nach Zustand an gemeinnützige Organisationen gespendet.

Anlass der Proteste von Greenpeace ist der „Prime Day“, bei dem Amazon am Montag und Dienstag mit besonderen Rabatten wirbt. Der Internetversandhändler will rechtliche Schritte gegen die Organisatoren der Aktion prüfen. Der Protest sei illegal und gefährde Beteiligte und Mitarbeiter, hieß es.

Mitarbeiter streiken

Den traditionellen Schnäppchentag beim Versandhändler Amazon haben auch Beschäftigte genutzt, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Angestellte eines wichtigen Verteilzentrums im Bundesstaat Minnesota legten am Montag für eine Stunde die Arbeit nieder. Vor dem Gelände blockierten sie vorübergehend einige Lastwagen. Auf Plakaten war etwa „Wir sind Menschen, keine Roboter“ zu lesen.

„Wir schaffen viel Wohlstand für Amazon, aber sie behandeln uns nicht mit dem Respekt und der Würde, die wir verdienen“, wurde der Streikteilnehmer Safiyo Mohamed in einer Mitteilung zitiert. Er forderte einen „echten Wandel“ für die Beschäftigen.

Wie viele Beschäftigten des Verteilzentrums sich an dem Ausstand beteiligten, teilten die Organisatoren nicht mit. Wegen eines heftigen Regenschauers wurde der Streik nach einer Stunde beendet. Die Bewerber für die demokratische Präsidentschaftskandidatur Kamila Harris und Bernie Sanders erklärten im Kurzbotschaftendienst Twitter ihre Unterstützung für den Streik.

Auch in Deutschland war es am Montag zum Prime Day, an dem Amazon mit starken Rabatten lockt, an sieben Standorten zu Arbeitsniederlegungen gekommen. Der US-Konzern verteidigt sowohl in Deutschland als auch in den USA seine Lohnpolitik als angemessen und erklärt immer wieder, ein „fairer und verantwortungsvoller Arbeitgeber“ zu sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Und wann steigt Greenpeace mal solchen Assis aufs Dach, die -egal ob bei Amazon oder einem anderen Online-Versand- ein Abendkleid oder einen Anzug bestellen und nach fröhlicher Sause Retour gehen lassen? Oder die mit bestellten Geräten so rabiat umgehen, dass bei "gefällt-nicht"- Rücksendungen nur noch ein Verkauf bestenfalls als B-Ware in Betracht kommt. Und Empörung können sich all die in die Haare schmieren, bei denen regelmässig Nahrungsmittel in der Mülltonne landen. Amazon spiegelt nur auf drastische Weise unsere eigene Dekadenz.



    Die Lösung liegt vermutlich irgendwo in der Mitte: Strafzahlungen für die Vernichtung neuwertiger Waren und Beteiligung der Kunden an höheren Versandkosten. Für Landeier bleibt der Onlinekauf immer noch günstiger als eine Fahrt in die Stadt und Städter überlegen sich zweimal, ob sie nicht doch den Arsch vom Sofa kriegen und zum Händler um die Ecke radeln.