Schmiergeldskandal bei Mobilfunkkonzern: Ericsson im „Islamischen Staat“
Der Mobilfunkkonzern Ericsson könnte laut internem Bericht Schmiergeld an den IS gezahlt haben. Auch Mitarbeiter sollen gefährdet worden sein.
Der Bericht belegt Korruption in verschiedenen Ländern – darunter eine Zahlung von 1,2 Millionen US-Dollar „Beratergebühren“ an einen Verwandten des Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Neçirvan Barzani. Der Familie gehört die Mehrheit des größten Mobilfunkanbieters der Region, Korek Telecom. Der Bericht belegt ebenfalls, dass Ericsson auch vor einer Annäherung an den IS nicht zurückschreckte.
Ein junger Mann, der von ICIJ nur Affan genannt wird, arbeitet zum Zeitpunkt der Invasion für Orbitel Telecommunication, ein Subunternehmen von Ericsson, das damit beauftragt ist, das Netzwerk von Asiacell, einem kurdischen Telekommunikationsanbieter, auszubauen. Er sagt, seine Vorgesetzten hätten ihn aufgefordert, selbst dann weiterzuarbeiten, als seine Kollegen von IS-Kämpfern über mehrere Stunden festgehalten wurden. Die Lösung: Affan soll einen Brief an den IS überbringen – darin schreiben Ericsson und Asiacell: „Bitte unterstützen Sie den Einsatz des technischen Teams“ und „Wir danken Ihnen für Ihre Mitarbeit im Dienste des öffentlichen Interesses“.
Doch der IS wittert seine Chance auf Geld: Affan wird festgehalten, muss seinen Vorgesetzten anrufen, von dem fordert sein Entführer Millionen. Der Vorgesetzte, ein Projektmanager bei Ericsson, legt auf. Affan wird unter Hausarrest gestellt, kann später fliehen.
Es ist nicht das einzige Mal, dass Ericsson auf eine Art Kuschelkurs mit dem IS geht. Für das Ausbauprojekt von Asiacell soll Equipment von Erbil im Nordirak nach Ramadi ins Zentrum des Landes geschafft werden. Der offizielle Weg führt an zahlreichen Zollkontrollen vorbei; der inoffizielle, längere, geht durch vom IS erobertes Gebiet. Der Bericht sagt: 30 Lastwagen hätten je zwischen 3.000 und 4.000 US-Dollar bezahlt, um die inoffizielle Route passieren zu können. Dass dabei Geld an den „Islamischen Staat“ floss, kann nicht ausgeschlossen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“