Schlupfloch Grunderwerbsteuer: Die 95-Prozent-Hürde

Beim Verkauf von tausenden bundeseigenen Wohnungen müssen die Länder auf die Grunderwerbsteuer verzichten. Grund ist ein juristischer Trick.

Rund 11.500 Wohnungen in Berlin, Dresden und Rostock verkaufte der Bund an die TAG Immobilien AG Bild: dpa

BERLIN taz | Den ostdeutschen Bundesländern entgehen Steuereinnahmen in Millionenhöhe, weil die Käufer bundeseigener Wohnungen keine Grunderwerbsteuer zahlen. „Das ist ein großer Skandal“, sagte der Chef der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Gregor Gysi, am Donnerstag in Berlin.

Konkret geht es um rund 11.500 Wohnungen der TLG-Wohnungsgesellschaft, die der Bund Ende vergangenen Jahres an die TAG Immobilien AG verkauft hat – für 471 Millionen Euro. Eine Mietergenossenschaft, die von Linksparteimitgliedern gegründet wurde und die ebenfalls die Wohnungen erwerben wollte, war damit nicht zum Zuge gekommen.

Jetzt stellt sich heraus: Verkauft wurden die Wohnungen – unter anderem in Berlin, Dresden und Rostock gelegen – nicht an die TAG Immobilien AG, sondern an zwei Tochterunternehmen dieser Firma. Eine der Töchter erwarb 94,9 Prozent der TLG-Wohnungsgesellschaft, die andere 5,1 Prozent. Grund ist offensichtlich ein Schlupfloch im Grunderwerbsteuergesetz. Demnach fällt Grunderwerbsteuer nur an, wenn eine Person mindestens 95 Prozent einer Immobilie beziehungsweise Anteile an einer Immobiliengesellschaft erwirbt.

„Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch in Ordnung“, kritisierte der Rostocker Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Steffen Bockhahn. Den ostdeutschen Bundesländern seien dadurch Steuereinnahmen in Höhe von 23,4 Millionen Euro entgangen. „Das ist ein höchst unsauberes Geschäft.“ Das Bundesfinanzministerium dürfe bei Steuersparmodellen privater Investoren nicht helfen.

Dieser Verdacht kann aufkommen, weil der Bund möglicherweise dadurch einen höheren Erlös erzielt hat, dass der Käufer einen Teil der gesparten Grunderwerbsteuer auf den Kaufpreis drauflegt. Das Bundesfinanzministerium weist das zurück. Es sei aus rechtlichen Gründen daran gehindert gewesen vorzuschreiben, „dass der Erwerb nur durch eine Käufergesellschaft erfolgen darf, wodurch Grunderwerbsteuer angefallen wäre“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken.

Wegen der strengen Regelungen der europäischen Beihilferechts müssten alle Bieter unabhängig von ihrer Rechtsform gleich behandelt werden. „Der Gesetzgeber muss dieses Steuerschlupfloch beseitigen“, so Gysi. Die Bundesländer seien dafür, aber die Bundesregierung blockiere.

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