Schließung von Wettbüros in Bremen: Wo die Wette gilt – und wo nicht
Die meisten Bremer Wettbüros haben mittlerweile Unterlagen zur Herkunft ihres Startkapitals nachgereicht. Aber nicht alle dürfen wieder öffnen.
Für 20 Läden sind mittlerweile Unterlagen nachgereicht worden. Bei drei Läden ist die Prüfung schon abgeschlossen und gut gelaufen: In der Neustadt, am Hauptbahnhof und in Vegesack darf aktuell jeweils ein Büro wieder Wetten anbieten. In den meisten Fällen gibt es aber noch keine neue Entscheidung: Teilweise wurden mehrere Hundert Seiten mit Finanzierungsnachweisen eingereicht. Bis die laut Behörde „schnelle, aber gründliche“ Prüfung abgeschlossen ist, gilt der Status quo, also das Verbot.
Für einen der Betreiber steht schon heute fest: Er darf seine vier Wettbüros nicht wieder eröffnen; auch für seine drei geplanten Neueröffnungen wird es keine Genehmigung geben.
Allerdings nicht wegen fehlender Unterlagen, sondern weil er von der Innenbehörde als unzuverlässiger Betreiber eingeschätzt wird: Ende Juli waren in einem seiner Läden Drogen und Messer gefunden worden. „Auch wenn er sie nicht selbst dort deponiert hat, muss er als Geschäftsführer dafür Verantwortung übernehmen“, erklärt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts. Der Mann ist zudem bereits wegen anderer Straftaten bekannt.
Abstand muss größer werden
Fünf Klagen gegen die Schließungen sind derweil über Betreiber*innen und Wettanbieterfirmen beim Verwaltungsgericht eingegangen. Damit hatte das Innenressort gerechnet: Wenn man rechtliches Neuland betrete, riskiere man immer Prozesse, hatte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) klargemacht. Sollten die Kläger*innen Eilrechtsschutz beantragen, könnte das Gericht ihnen möglicherweise eine vorläufige Betriebserlaubnis erteilen.
Wie auch immer Prüfungen und Gerichtsverfahren ausgehen: Die Zahl der Wettbüros dürfte sich in Bremen dauerhaft reduzieren. Das sichert eine andere Regelung: Zwischen den Sportwettstätten sind Abstände vorgeschrieben, 250 Meter sind es aktuell. Das war zwar schon so seit 2012, aber bisher wurden Verstöße bundesweit geduldet. Erst seit der neue Glücksspielstaatsvertrag zwischen den Ländern in Kraft ist, seit Juni 2021, müssen Wettbüros ihre Zulassung beantragen.
Die alten Regeln können jetzt greifen – auch bei bereits existierenden Sportwettstätten. Auch unabhängig von der Zuverlässigkeit ihrer Betreiber*innen oder dem nachträglichen Nachweis über die Herkunft des Startkapitals könnte also für viele Wettbüros in den nächsten Wochen ein Betriebsverbot drohen. Überall dort, wo mehrere (genehmigungsfähige) Wettbüros um einen Standort konkurrieren, hat der*die Betreiber*in mit der geringeren Zahl an Spielstätten den Vorrang. Bei Gleichstand entscheidet das Los darüber, wer schließen muss.
Das Risiko zur Glücksspielsucht ist in benachteiligten Stadtteilen größer, oft treten Wettbüros dort deshalb geballt auf; die Bremer Bahnhofsvorstadt kann als ein Beispiel gelten. Ab Ende 2023 wird die Abstandsregel in Bremen noch einmal verschärft: Dann muss ein Wettbüro mindestens 500 Meter entfernt sein von allen weiterführenden Schulen, allen Spielhallen und allen anderen Wettbüros.
Nicht alle Bundesländer legen den Staatsvertrag so streng aus: Niedersachsen etwa sieht in seinem Gesetz zur Umsetzung grundsätzlich nur einen Mindestabstand von 100 Metern vor. Kommunen dürfen dort davon abweichen und größere, aber auch kleinere Abstände vorschreiben.
Hinweis der Redaktion: Der Online-Text wurde nachträglich geändert; ursprünglich stand im Artikel, die neuen Abstandsregeln würden erst ab Ende 2023 greifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“