piwik no script img

Schließung der „WR“-RedaktionProteste in Dortmund

Rund 1.000 Menschen demonstrieren in Dortmund gegen die Schließung der Redaktion der Westfälischen Rundschau. 120 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren.

Plakate auf der Demonstration am Samstag. Bild: dapd

DORTMUND dapd | Lautstarker Protest gegen den Kahlschlag bei der Westfälischen Rundschau: Zahlreiche Menschen haben in Dortmund gegen die Schließung der Lokalredaktionen der WR protestiert. Die Veranstalter sprachen von etwa 1.200 Kundgebungsteilnehmern, die sich am Samstag in der Innenstadt versammelten. Laut Polizeischätzungen lag die Zahl bei 500 Demonstranten.

Mit dem Protest wollten die Angestellten gemeinsam mit den Journalistengewerkschaften DJV und DJU auf die geplante Entlassung von 120 Mitarbeitern aufmerksam machen. Die Demonstranten hielten Banner mit Aufschriften wie „Die WAZ-Axt schlägt wieder zu“ und „WAZ-Gier kostet Meinungsfreiheit“ in die Höhe. Bei der Aktion bekundeten auch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider und Medienministerin Angelica Schwall-Düren (beide SPD) ihre Solidarität mit den Redakteuren.

Die Sprecherin des DJV-NRW, Silke Bender, sagte, die große Zahl der Teilnehmer zeige, „dass es den Menschen nicht egal ist.“ Die Leser identifizierten sich mit der Zeitung. Ihren Angaben zufolge sind von der Schließung der Lokalredaktionen auch etwa 150 freiberufliche Journalisten betroffen, „die vor einer ruinösen Zukunft stehen“.

Der stellvertretende Leiter Südwestfalendesk bei der WR, Volkmar Kah, sagte auf dapd-Anfrage: Das ist schon ein deutliches Zeichen, dass eine ganze Region mitkämpft. Kah ist zudem stellvertretender DJV-Landesvorsitzender. Er betonte: „Natürlich tun solche Tage der Seele der Kollegen gut.“ Es hätten auch viele Mitarbeiter der anderen WAZ-Titel an der Kundgebung teilgenommen. Seinen Angaben zufolge erfahren die WR-Mitarbeiter am Dienstag auf einer Betriebsversammlung mehr über die Zukunft der Zeitung.

Zukunft der 120 Mitarbeiter unklar

Am vergangenen Dienstag war bekannt geworden, dass die WAZ-Mediengruppe die Lokalredaktionen der Westfälischen Rundschau schließt. 120 Redakteure und Redaktionsmitarbeiter, die bislang für die 24 Lokalausgaben der Tageszeitung gearbeitet haben, verlieren ihren Job. Die Berichterstattung wird ab Februar von anderen Verlagen sowie von Zeitungen der WAZ-Mediengruppe beigesteuert. Den gekündigten Mitarbeitern sollen nach den Ankündigungen der Geschäftsführung bevorzugt frei werdende Stellen in der WAZ-Gruppe in Nordrhein-Westfalen angeboten werden. Außerdem soll es einen Sozialplan geben.

DJV-Sprecherin Bender betonte, die meisten der betroffenen Mitarbeiter könnten nicht auf eine Weiterbeschäftigung hoffen. „Für 120 Menschen gibt es im WAZ-Konzern keine Arbeitsplätze.“ Bender kündigte weitere Protestaktionen an.

Der WR-Betriebsrat hatte in einem offenen Brief am Freitag die WAZ aufgefordert, die Schließungen rückgängig zu machen. Er warf den WAZ-Geschäftsführern Manfred Braun, Christian Nienhaus und Thomas Ziegler vor, das Aus habe keine finanziellen Gründe. „Die öffentlichen Reaktionen bestärken den Betriebsrat in der Auffassung, dass politische Hintergründe zu dieser falschen und katastrophalen Entscheidung geführt haben.“

Die Westfälische Rundschau erscheint seit 1946. Die Tageszeitung deckt das südliche Westfalen und das östliche Ruhrgebiet ab. Weitere WAZ-Titel in Nordrhein-Westfalen sind die Westfalenpost, die Westdeutsche Allgemeine Zeitung und die Neue Ruhr / Neue Rhein Zeitung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • M
    Marsmensch

    Wenn Vorwürfen widersprochen wird, die gar nicht erboen wurden, sagt dies schon etwas.

  • JK
    Juergen K.

    Die Journalisten sollten gemeinsam eine Webseite aufmachen,

     

    um den soziokulturellen Übergang in Hartz4 zu dokumentieren.

     

    Könnte in diesem Sinne zu einer Idealsituation entwickeln.

  • D
    Dortmunder

    @ WR-Leser, ich habe ein WR Abo. Und ich kenne andere die ein WR/WAZ Abo haben. Weder ich noch andere sind bisher von den Ruhr Nachrichten angeschrieben worden. Und da unter den WR/WAZ Abonnenten auch Mitarbeiter der Zeitungen sind, könnte man das wohl kaum verheimlichen.

  • R
    reblek

    "Mit dem Protest wollten die Angestellten gemeinsam mit den Journalistengewerkschaften DJV und DJU auf die geplante Entlassung von 120 Mitarbeitern aufmerksam machen." - Aha, wer sind denn die "Journalistengewerkschaften DJV und DJU", wenn nicht "die Angestellten", die dort Mitglied sind?

    "... bekundete auch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider ... Solidarität mit den Redakteuren." - Na, bravo, ausgerechnet ein Ex-DGB- und SPD-Repräsentant muss sich über so etwas aufregen. Als ob nicht DGB und SPD mit denselben "Argumenten" wie die WAZ schon haufenweise Leute entlassen und reichlich Firmen in die Pleite getrieben hätten.

    "Die Leser identifizierten sich mit der Zeitung." - Klar, deshalb waren auch so viele von den über, soweit ich weiß, 100.000 Abonnent(inn)en auf der Demo.

    "Es hätten auch viele Mitarbeiter der anderen WAZ-Titel an der Kundgebung teilgenommen." - Aha, WR- und WAZ-Titel-Menschen waren unter sich, weil sie alle betroffen sind oder werden können. Super-Solidarität.

  • F
    friedrich

    Merkel, Sprunger und Bertelsmann scheinen sich hinsichtlich der SeptemberWahl nicht sicher zu sein.

     

    So sieht Wahlkampf für Schwarz/Gelb aus.

  • W
    WR-Leser

    In Dortmund hatte der WAZ-Konzern den Zustellungsbetrieb der Zeitungen des WAZ-Konzers, also auch der WR, schon vor einiger Zeit den Ruhrnachrichten überlassen.

     

    Die bekam damit Zugriff auf die Adressdaten möglicher Regionalzeitungsleser.

     

    Was das wohl für Auswirkungen gehabt haben mag?

     

    Ich hab da so meinen Eindruck.....