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Schlichtungsgespräche zu "Stuttgart 21"Versuch eines Dialogs

Erstmals sitzen Gegner und Befürworter des Projekts "Stuttgart 21" an einem Tisch. Hinter verschlossenen Türen verhandeln sie mit Heiner Geißler über Bedingungen eines Dialogs.

Auftakt im Hinterzimmer: Ministerpräsident Mappus (vorne) und die "S21"-Gegner treffen sich zum Verhandeln. Bild: dpa

STUTTGART taz | Stuttgarter Rathaus, Freitagmorgen, vierter Stock: Auf der ganzen Ebene tummeln sich Journalisten, vereinzelt auch interessierte Bürger mit grünem "Oben bleiben"-Button. Sie warten gespannt auf ein Signal, was in den Stunden des Wartens einen Flur weiter hinter verschlossenen Türen passiert. Im Raum 406 sitzen sich erstmals Gegner und Befürworter des Bahnprojekts "Stuttgart 21" gemeinsam mit dem Schlichter Heiner Geißler gegenüber.

Gegen 12.40 Uhr laufen die Journalisten das erste Mal aufgeregt zur Absperrung vor und versuchen, einen Blick hinter die Glasscheibe in den Flur werfen zu können. Die Gespräche seien unterbrochen worden, die beiden Gruppen würden nun zunächst Absprachen untereinander treffen, hieß es. Andere meinten, es habe sich lediglich um eine Pinkelpause gehandelt.

Von beiden Seiten wurden insgesamt sieben Vertreter ins Rennen geschickt. Für die Projektbefürworter waren unter anderem Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) dabei, Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) und Bahnvorstand Volker Kefer. Ihnen gegenüber saßen unter anderem der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Winfried Kretschmann, sowie der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Werner Wölfle.

Im Vorfeld äußerten sich die Teilnehmer zuversichtlich, dass nun ein Einstieg in einen gemeinsam Dialog gelingen könnte. "Ich bin sehr optimistisch, sonst wäre ich nicht hier", sagte Mappus auf dem Weg in den Verhandlungsraum. "Alle an den Tisch, alles auf den Tisch", sei das Motto der Gespräche.

Ein Streitpunkt, den es beim ersten Gespräch noch zu klären galt, war das so genannte Grundwassermanagement im Schlossgarten. Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis gegen "Stuttgart 21" sagte: "Wir erwarten, dass das Land und die Bahn sich einen Schritt auf uns zu bewegen." Es dürften keine weiteren Fakten beim Grundwassermanagement geschaffen werden. "Wir müssen diesen Knackpunkt jetzt besprechen."

Am Vortag hieß es, dass die Bahn wohl auf die für ein Gebäude im Schlossgarten notwendige Betonplatte vorerst verzichten werde, aber weitere Vorarbeiten leisten wolle. Die Gegner hatten schon Zugeständnisse bei den Gleisvorarbeiten gemacht. "Die dienen der Sicherheit", sagte Rockenbauch. "Zwar gehören sie auch zu Stuttgart 21, aber sonst würde es Chaos bei den S-Bahnen geben."

Sollte es in den nächsten Tagen zu weiteren Schlichtungsgesprächen kommen, sollen diese auf Großleinwänden und im Internet übertragen werden, so dass jeder Interessierte den Schlagabtausch und jedes vorgetragene Argument selbst verfolgen kann. "Wir wollen diesen öffentlichen Faktencheck ohne Tabus", sagte am späten Donnerstagabend Rockenbauch.

Der 80-jährige Geißler hatte in den vergangenen Tagen immer wieder darauf hingewiesen, dass sich die Zeiten durch neue Kommunikationsmöglichkeiten stark verändert hätten und eine Politik ohne Einbeziehung der Bürger nicht mehr möglich sei. "Wir eröffnen damit einen völlig neuen Weg der Bürgerbeteiligung", so Geißler, der von einer "Innovation unter Demokraten" sprach. Diese solle zu mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit für die parlamentarische Demokratie führen.

Indes hat sich die EU-Kommission in den Streit um "Stuttgart 21" eingeschaltet und das Verkehrsprojekt für unverzichtbar erklärt. "Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava ist eine extrem wichtige transeuropäische West-Ost-Achse. Die Kommission legt allergrößten Wert darauf, dass sie gebaut wird", sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. "Stuttgart 21" bilde ein Kernstück dieser Magistrale.

Laut dem baden-württembergischen Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU) hat die EU-Kommission bis 2013 für den Abschnitt Stuttgart-Ulm 215,92 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, fast die Hälfte der EU-Förderung von 438,35 Millionen Euro für die Gesamtstrecke Paris-Bratislava.

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5 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Die sozialen und ökologischen Folgekosten für die von der BDI-CDU-FDP-CSU-BDA-Industrie geschändete Bevölkerung sind ein vielfaches der unmittelbaren Baukosten!

     

    Trotz alledem, gegen S21 und Atomkraft-Industrie und Lobby-Aktionäre in Regierung und Parlament kämpfen!

  • DB
    Dr. Birgit Reime

    Die Parkschützer sind aus den Gesprächen ausgestiegen, weil kein Baustopp erfolgt und die "Grünen" sitzen munter weiter drin. Man will ja den möglichen neuen Koalitionspartner nicht völlig vergraulen. Die Gegner werden gespalten und die Forderungen von "Oben bleiben" weichgespült, wie man es schon immer von den Grünen kennt. WEnn die Grünen die Regierung im nächsten Landtag stellen, wird das Projekt genauso weitergehen wie die Elbsache in HH, keines der Waklversprechen wird gehalten. Die sind auch nicht besser als alle anderen etablierten Parteien.

  • S
    Schokomoloko

    Wurde denn nun Live übertragen? Die S21 Gegner hatten das doch gefordert, damit sich jeder Bürger selbst ein Bild machen kann. Und wenn nicht, warum hat die Gegenseite diesen Vorschlag abgelehnt?

  • VS
    verzweifelte Schwäbin

    Ja , glaubt denn irgendein Mensch , dass man von Paris nach Bratislava mit dem Zug fährt ?????

    Gibts denn überhaupt noch Inter-Railer , die die Strecke mal kurz runterreißen ???

    Ich vergaß, die können sich den ICE sowieso nicht leisten.

    Alle anderen schmeißen sich doch eh in den Flieger.Dafür ist der Ausbau teilweise ja gedacht : die Bahn als Zubringer zum Popelflughafen Echterdingen...obwohl es schon eine direkt eS-Bahn dahin gibt.

     

    Wenn ich jetzt lesen darf, dass die EU diesen Bockmist unserer Lokalpolitiker für "unverzichtbar" erklärt krieg ich einen Hals.

    Auf die vergifteten Geschenke aus Brüssel können wir Schwaben getrost verzichten . Draufzahlen dürfen wir ja selber.

    Das dümmste Argument in meinen Augen ist der Satz " Mir hend so lang für de andere zahlt , jetz wo mer au äbbs griaget müssed mer zualange..."

     

    Und bitte: wer von den Befürwortern sich nochmal als "Schwäbische Hausfrau" bezeichnet ( Merklerin ), kriegt eine Anzeige wegen Verunglimpfung der schwäbischen , sparsamen Hausfrauen....;-)

  • UB
    Ulrike Braun

    Das ist doch allmählich echt zum Mäusemelken - ist dies denn so schwer zu verstehen, dass es sich bei dem Streit um Stuttgart 21 um ursprünglich ZWEI grundsätzlich unterschiedliche Projekte handelt, die von Oettinger lediglich aus polittaktischen Gründen zusammengespannt worden sind??

     

    Wenn also (der neue Oettingerkollege) EU-Verkehrskommissar Siim Kallas meint, das Ding sei unverzichtbar, dann darf er das ja gerne, denn damit meint er als "Kernstück" ja nur die Neubaustrecke Ulm-Wendlingen.

    Die hat allerdings grundsätzlich nullkommanix mit dem Städtebauprojekt Durchgangsbahnhof zu tun.

     

    Anders gesagt: Die geplante Neubaustrecke, und nur DIE finanziert die EU mit!, funktioniert allerbestens auch mit einem sanierten Kopfbahnhof - und ebendies ist es allein, was die S21-Gegner/die K21-Befürworter sehnlichst wollen!!

     

     

    Kann denn der EU da nicht mal jemand auf die Sprünge helfen? Und (weiten Teilen) der berichterstattenden Presse dazu??