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Schleppende G20-AufarbeitungMauern im Ausschuss

Die Aufarbeitung des G20-Gipfels wird zur Farce: Diesmal kamen zwar Vertreter von Bundesbehörden. Aber wenn es interessant wurde, schwiegen sie sich aus.

Zeugenvorbereitung: Innensenator Andy Grote (SPD) mit den Chefs von Polizei und Verfassungsschutz. Foto: dpa

Hamburg taz | Skeptiker sahen sich am Mittwoch nach der zweiten inhaltlichen Sitzung des G20-Sonderausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft bestätigt: Es bleiben mehr Fragen als es Antworten gibt und der Eindruck, dass das mit der Aufklärung so richtig dringlich nun auch wieder nicht zu sein scheint, bleibt.

Vertreter vom Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Bundesinnenministerium und der Bundespolizei erzählten vor dem Ausschuss, wie sehr sie von der Dimension der Gewalt überrascht gewesen seien, obwohl sie den eigenen Angaben zufolge die Taktiken der Gipfelgegner genau gekannt haben wollen. Aber: Art und Ausmaß der Militanz seien erschreckend heftig gewesen, sagte die Abteilungsleiterin des Inlandsgeheimdienstes, Dinchen Franziska Büddefeld, die für ihren Chef Hans-Georg Maaßen angereist war. Für Wolfgang Lohmann vom Innenministerium war beispielsweise neu, wie „blitzartig“ Gewalttäter ihre Kleidung von Schwarz zu bunt wechselten. Dies habe die Polizei in Schwierigkeiten gebracht.

Trotz Nachfragen äußerten sich die Vertreter der Sicherheitsbehörden – zum Unmut der Abgeordneten – nicht zu der Frage, ob womöglich davor gewarnt wurde, das Treffen der G20 in Hamburg abzuhalten. „Dazu kann und werde ich keine Position beziehen“, sagte Büddefeld. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte vor dem Ausschuss behauptet, die Sicherheitsbehörden hätten keine relevanten Sicherheitsbedenken geäußert.

Einschätzung des Verfassungsschutzes „Verschlusssache“

Aus einem internen Papier des Verfassungsschutzes soll aber anderes hervorgehen: „Dort ist ein Szenarien-Papier entstanden, ich würde gerne wissen, was drin steht“, sagte die grüne Abgeordnete Antje Möller am Mittwoch. Die lapidare Antwort: „Das ist als VS eingestuft.“ Heißt: Verschlusssache, Geheimhaltung, keine Antwort.

„Praktisch alle relevanten Fragen wurden mit dem lapidaren Verweis auf fehlende Aussagegenehmigungen abgebügelt“, kritisierte die Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir im Anschluss. Es sei erschreckend, wie massiv und arrogant die Sicherheitsbehörden Parlament und öffentliches Interesse an der Aufklärung missachteten. „Nur ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit gerichtlichen Befugnissen kann all diese stummen oder gar nicht erst aufgetauchten ZeugInnen vorladen und ein solches Mauern, wie wir es erlebt haben, empfindlich ahnden.“

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