Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Ganz ehrlich. Wenn ich in ein Konzert gehen will, dann möchte ich Musik hören, und keine politischen Statements. Was anderes, wenn ich politisches Kabarett besuche. So wie schon zu Ost Zeiten, konnte man das eine oder andere zwischen den Zeilen Kritik durchaus vernehmen. Der Unterschied zu heute, damals riskierte man Berufsverbot oder schlimmeres. Heute dagegen hat der Mainstream dafür gesorgt, dass man im Zweifel, im Mainstream diskreditiert wird, und nicht mehr gebucht. Beides läuft am Ende auf dasselbe hinaus, man macht mit, um nicht zu verhungern. Egal wie euphemistisch vieles dargestellt wurde und wird.
Zu dem Konzert gegen die inhumane Flüchtlingspolitik , an dem auch Roland Kaiser teilgenommen hat , sind damals auch die Leute von Pegida hingegangen.
Jan Delay und di Beginners sind wieder auf dem Plan und haben einen echt schrägen Rapper mitmachen lassen und zwar richtig Assi ( sehr klasse) dafür wurden sie von ihrem ach so sozialen Fans teilweise angefeindet . Das war denen dann dch zu hart. Jan Delay sagte, OK dann nur noch Leute mit Abitur( Ironie)
Ich habe dazu eine klare Meinung: Je weniger Frau Fischer den Mund aufmacht desto besser! Thema ist mir egal!
@33523 (Profil gelöscht) Hey, dann kann Frau Fischer nicht mehr singen!
Ich kenne durchaus Leute, die man schon in Richtung links verordnen könnte ohne, dass sie jetzt allzu politisch sind. Die finden Helene Fischer toll, aber fänden es glaube ich sehr uncool, wenn sie jetzt politisch aktiv werden würde. Allerdings ein "Nazis fürn Arsch!" würden sie ihr nicht übel nehmen. Vielleicht ist das aber auch für Helene Fischer selbstverständlich, dass sie es für unnötig hält es ständig rauszuposaunen.
Ich meine, die Situation in Deutschland und um uns herum ist so brenzlig, und steht so "auf der Kippe", dass man von den Stars jeden Bereiches erwarten kann und auch erwarten darf, dass sie sich im Sinne eines positiven Verfassungspatriotismus für ihr Land einsetzen.
Natürlich nicht im "Lindenberg'schen" Politikverständnis, sondern in der gesamten Bandbreite des Grundgesetzes.
Ich denke da an die Aktion des europäischen Fußballverbands UEFA, in der (bspw.) vor der Übertragung eines Spiel der Champions League ein kurzer Trailer läuft, in dem verschiedene Fußballspieler einfach "no rassism" oder, wenn es Deutsche sind, "kein Rassismus" sagen, und abschließend die beiden Worte zusammen mit dem UEFA-Wappen eingeblendet wird.
Keine "grosse" Sache, aber ein Zeichen setzen, das allen Prominenten gut stehen würde.
@Der Allgäuer Stimme Ihnen völlig zu. Gerade angesichts der derzeitigen Verrohung (Volksverrätergeschrei und Drohungen gegen PolitikerInnen) wäre ein Insistieren, gerade von denen, die eine "heile Welt" suggerieren möchten, auf Werten wie Anstand und Respekt (was haben sich Konservative [zurecht] darüber beklagt, dass dogmatische Linke oft keinen zeigten) sicher hilfreich.
@Der Allgäuer Sie sehen das vollkommen richtig, man kann und darf, vlt. sollte man auch, aber man muss nicht. Auch das ist Meinungsfreiheit.
Ich finde, die gute Frau hat ein Recht, ihre Meinung nicht zu äußern. Ein Künstler darf auch nicht politisch sein.
Sich darüber echauffieren, um Frau Fischer so an den Pranger zu stellen (nach dem Motto "wer nicht für mich ist, ist gegen mich"), unter Zugzwang setzen (eine Abgrenzung würde eh jetzt nur noch als Lippenbekenntnis gewertet werden) und sich nebenbei selber als den "moralisch Überlegenen" darstellen, ist falsch.
Eine Stellungnahme zugunsten "linker" Politik kann niemand von Leuten wie Helene Fischer erwarten. Anders sieht es mit einer Positionierung gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus aus. Dort werden konservative Werte (ich teile sie nicht, respektiere sie aber) nämlich nur vorgegaukelt und menschenverachtend verzerrt. Was spricht dagegen, wenn konservative MusikerInnen sich im Namen von echtem Konservatismus nach "Rechtsaußen" abgrenzen und eindeutig Stellung beziehen? Damit würde niemand Teil der von den Rechtspopulisten angeprangerten "linken Einheitssoße".
Ich sags mal etwas frech:
Die Zielgruppe will einfach gänzlich mit politischen Themen in Ruhe gelassen werden. Sonst wären sie ja links ;-)
@Co-Bold Joa mei, das einzig Wahre, Schöne und Gute ist natürlich, wen wundert's, ganz weit links zu finden. Wo auch sonst?
Seit ihren Erfolgen bei den Landtagswahlen im Osten werden wieder Forderungen nach einem Parteiverbot der AfD laut. Wäre das eine gute Idee?
Schlager gegen Rechts: Da muss ich meinen Manager fragen
Udo Lindenberg wirft Helene Fischer vor, sie sage nichts zur politischen Situation. Das zu tun ist aber auch ein Geschäftsmodell.
Darf sie? Will sie? Muss sie? Helene Fischer äußert sich nicht zur politischen Lage Foto: dpa
Demnächst wird Udo Lindenberg als „Düsseldorfer des Jahres“ geehrt. Das tut dieser Stadt am Rhein gut, auf den 5. Dezember, den Tag der Ehrung, freut sich der Einvernommene sehr. Im Interview mit der Rheinischen Post, dem Zentralorgan der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt, verbreitet der gebürtige Gronauer viel gute Laune – wird dann aber auch böse.
Seiner Kollegin Helene Fischer nämlich macht er den Vorwurf, sie sage, anders als Udo Lindenberg und viele andere aus seinem Milieu, nichts zur aktuellen politischen Situation: „Wenn mehr Leute was machen, sich positionieren würden, auch aus der Schlagerecke. Wenn von Helene Fischer auch mal ein Statement käme gegen Rechtspopulismus. Aber es gibt viele, die äußern sich prinzipiell gar nicht, die sagen, wir sind reine Entertainer.“ Und führt dann noch die – klassische – Riege jener an, die, was die Statement-Aussagerei anbetrifft, es Lindenberg gewöhnlich gleichtun: Herbert Grönemeyer, BAP & Niedecken, die Toten Hosen, Jan Delay oder Clueso.
Allerdings geht der Vorwurf ins Leere – denn sich zum Guten, Wahren & Schönen, also zum klassischen linken und alternativen Welthaltungsprogramm zu bekennen, mag auch eine krasse Herzenssache sein, aber: Es gehört mit zum Geschäftsmodell. Jeder Musiker, jede Musikerin verkauft nicht nur Noten und Texte, sondern auch sich selbst. Menschen, die, wie es so unschön heißt, „für etwas einstehen“.
1975 trug sich die für die Sängerin Su Kramer („Wie das Wasser so fließt die Zeit“) unschöne Geschichte zu, dass sie vom Stern zu etwas Politischem befragt wurde. Und die frühere „Hair“-Darstellerin ist so bescheuert, ehrlich zu sagen (und das auch noch zur Veröffentlichung freizugeben): „Diese Frage kann ich nicht beantworten, ohne mit meinem Manager oder mit meiner Plattenfirma gesprochen zu haben.“ So erledigte sie sich, die sich selbst zur Unmündigen gemacht hatte, mit wenigen Worten selbst: Sie wusste einfach nicht, dass damals schon die Zeiten der politischen (Pseudo-)Authentizität begonnen hatten.
Die Marke Lindenberg
Für nur wenige Künstler der vergangenen 70 Jahre war es wirklich eine existenzielle Geschichte, sich für den politischen Kanon der Linken und Alternativen einzusetzen. Harry Belafonte in den USA etwa, der in seinem Land bis Ende der sechziger Jahre unter Rassismus zu leiden hatte: Weiße Künstlerinnen durften ihn in Shows nicht berühren – bis das Tabu die berühmte Britin Petula Clark brach. Das war ernsthaft politisch, und das verdient jede Überlieferung im Sinne von: grenzverletzend, notwendig, anständig, couragiert.
Jedoch: Dass Lindenberg zu den Guten zählt, in unserem Sinne, ist ja ohnehin keine Überraschung. Udo Lindenberg verwandte sich schon 1978 öffentlich für die Wahl der Bunten Liste/Wehrt Euch – und das hätte er, der Logik aller Geschäftsmodelle in den populären Künsten gemäß, nicht tun müssen. Lindenberg war ja schon ein Erfolgreicher, damals, „Hoch im Norden“ und „Alles klar auf der Andrea Doria“ oder „Ball Pompös“ immer in den Charts, erfolgreich in seinem Genre wie kein anderer. Aber er konnte sich dies nicht nur leisten. Seine Welthaltungen („Statements“) waren Teil seines Geschäftsmodells: Ohne diese Bekundungen wäre er als Marke „Udo Lindenberg“ kaum mehr als ein Westfale, den es dauerhaft auf Tournee treibt und der öfter in Hamburg in einem Klassehotel Station macht.
Die proletarischen Gründe der Republik
Singen also Lindenberg, Delay, Grönemeyer gegen Rechtspopulistisches, tun sie das auch, weil das Publikum es nachgerade erwartet. Insofern predigen diese Künstler vor ohnehin schon Bekehrten. Helene Fischer könnte in der Tat in ihren Konzerten Gutherziges, politisch Angemessenes sagen: Aber wenn sie es nicht tut, entspricht auch dies ihrem Businessplan.
Die nur in Millionen zu zählende Kundschaft dieser Performerin ist, anders als bei Künstlern wie Lindenberg, tatsächlich nicht deckungsgleich mit einer Vorliebe für rot-grüne Politiken. Aber abgesehen davon, dass, anders als Lindenberg, die blonde Chanteuse als nach Deutschland migriertes Kind (sie stammt aus Krasnojarsk, tiefstes Russland), typisch Aufsteigerin, keinen Raum für Politisches sich leisten kann (oder gönnen will, je nach Lesart), repräsentiert sie eine Kunstform des Populären, die nicht im Mittelschichtig-Dauereingeweihten zu Hause ist, sondern eben auch die proletarischen Gründe der Republik mit bedienen muss. Und diese legen Wert auf schöne Konzertabende, die nicht agitatorisch verfremdet werden.
taz.am wochenende
Trump oder Clinton? Das ist die große Frage. Aber auch Cannabis wird wichtig – am 8. November, dem Tag der Präsidentenwahl in den USA. In mehreren US-Staaten wird über die Legalisierung von Marihuana abgestimmt. Was das für die Drogenpolitik bedeutet, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 5./6. November 2016. Außerdem: Eine Bilanz der Regierung Obama und ein Essay über den US-Wahlkampf. Und: Vor fünf Jahren wurden die Morde des "NSU" bekannt. Bis heute werde die Aufklärung blockiert, sagen die Linke Petra Pau, Opferanwalt Sebastian Scharmer – und Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer im Gespräch.
Andererseits lebt die Szene um Udo Lindenberg auch von Abgrenzung – zum Schlager hin. 1985, als das Charity-Projekt „Nackt im Wind“ geboren wurde, ein Soli-Lied vieler Künstler im Fahrwasser der Bob-Geldof-Aktion „Live Aid“ („We Are The World“ mit Konzerten in London und Philadelphia) war Gitte Hænning okay (die war gerade zum sie ökonomisch verwöhnenden Schlager auf Distanz und verlegte sich auf „cooleres“ Zeug), aber nicht Cindy & Bert oder Joy Fleming: Sie waren rufschädigende Elemente auf der Produktion gewesen, so sagten diese Künstler. Geschmacksigittigitt? Nein, selbstbesoffen wollte man die nicht dabei haben.
Der Held Roland Kaiser
Insofern: Lindenberg und andere haben gute Gesinnungen und üben sich darin auch in „Selbstberauschung“ im Einvernehmen mit sich und dem Publikum – zugunsten einer Welt, die sie gern hätten. Fein, das! Andere entscheiden sich anders. Helene Fischer will offenbar nicht.
Aber einer dann doch, auch wenn er dafür kaum Lob aus der Pop-Szene erhalten hat: Roland Kaiser, ein Mann, der alles schon hinter sich hat und den Rest jetzt als Zugabe nimmt: Nummer-1-Hits („Santa Maria“, „Joana“, „Schach-Matt“ o. ä.) – Roland Kaiser. Der trat Anfang 2015 in Dresden auf bei einer Kundgebung gegen Pegida. Und empörte sich über „die inhumane Flüchtlingspolitik“ wie er sich auch wünschte, „die Zeit der Sündenböcke sollte der Vergangenheit angehören“. Für den Schriftsteller Marcel Beyer, der demnächst den Georg-Büchner-Preis zuerkannt bekommt, ist dieser Mann, so schrieb er in der Welt zu Recht, ein „Held“ – Kaiser, der wirklich tief im Segment des Schlagers segelt, erntete von einigen seiner Fans heftige Missbilligung. Nun wolle man nicht mehr in seine Konzerte gehen.
Um den Clou dieser Intervention zu unterstreichen: Kaiser riskierte etwas, von dem Lindenberg & Co. nicht einmal ahnen, dass in dieser Hinsicht ein Risiko liegen könnte. Streit mit der eigenen Fanbase – eigentlich, sagen Plattenfirmen und Manager, die ökonomische Todsünde schlechthin.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
Themen
mehr von
Jan Feddersen