Schlafentzug für Thomas Middelhoff: Und es ward Licht
Der Ex-Topmanager Middelhoff wurde im Knast um seinen Schlaf gebracht. Das hat eine Diskussion über Bedingungen in deutschen Gefängnissen ausgelöst.
Reden wir über Thomas Middelhoff! Wir kennen sein Grinsen, das ihm selbst dann nicht aus dem Gesicht weichen wollte, als er den Karstadt-Konzern derart ruiniert hatte, dass eine Aktie nur noch ein paar Cent gekostet hat. Wir kennen seine Uhr, die er bei einer Taschenpfändung hat aushändigen müssen, und wissen, dass sie für über 10.000 Euro versteigert worden ist, obwohl sie wohl nur um die 2.500 Euro wert sein soll.
Middelhoff, der lange Jahre als Topmanager von Bertelsmann regelrecht angehimmelt worden war, schuldet seinen Freunden und Partnerbanken aus seiner güldenen Zeit mehrere Millionen Euro.
Nicht wenige, die die da oben sowieso für Versager halten, haben sich gefreut, als Middelhoff wegen Steuerhinterziehung vor Gericht gestellt worden ist. Zu drei Jahren Haft ist er verurteilt worden.
Was für ein Versager. Auch dass der Ehrendoktor der Handelshochschule Leipzig einen Gutteil seines verloren geglaubten Vermögens mit miesen Tricks gerettet haben soll, ist aufgeflogen. Dieser Mann sorgt nun dafür, dass eine Debatte über Haftbedingungen in Deutschland geführt wird.
Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.
Weil das Schließpersonal in der Justizvollzugsanstalt Essen auch in der Nacht jede Viertelsunde den Lichtschalter betätigt haben soll, um einen Suizid des Häftlings M. zu verhindern, sprechen seine Anwälte jetzt sogar von Folter. Die Grünen haben sich des Falls angenommen. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast, zeigt sich angesichts der Vorwürfe entsetzt. Der andauernde Schlafentzug sei „eindeutig eine Verletzung der Menschenrechte und mit nichts zu rechtfertigen“.
Wenn nun ernsthaft über miese Bedingungen in deutschen Knästen diskutiert wird, dann hätte Thomas Middelhoff am Ende vielleicht doch noch etwas Positives hinterlassen. Wer hätte das gedacht?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe