Schiffsunglück vor Jemens Küste: 45 Migranten gekentert
Ein überladenes Flüchtlingsboot kenterte am „Welttag gegen das Ertrinken“. 41 der Insassen kamen ums Leben.
Im Jemen sind nach rund zehn Jahren Bürgerkrieg etwa 18 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen – bei einer Einwohnerzahl von rund 33 Millionen. Dennoch ist der Seeweg vom Horn von Afrika nach Jemen eine wichtigsten Migrations- und Fluchtrouten der Welt. Die Zahl der jährlich Ankommenden ist zwischen 2021 und 2023 von rund 27.000 auf über 90.000 Menschen pro Jahr gestiegen. Im Juni 2024 registrierte die IOM rund 1.800 Ankünfte im Jemen, die meisten stammten aus Somalia.
Gefährliche Fluchtroute
Die Flüchtlinge und Migrant:innen hoffen in der Regel, sich durch den Jemen nach Saudi-Arabien oder in die Golfstaaten durchschlagen zu können. Das gelingt aber vielen nicht. Viele scheitern an der Überwindung der Kampfzone, stecken in der nahe der Frontlinie gelegenen Stadt Ma'rib fest, oder würden von Schleppern gefangen gehalten, so die IOM. Die UN gehen deshalb davon aus, dass in diesem Jahr rund 300.000 gestrandete Migrant:innen in dem Land auf Versorgung angewiesen sind – und klagen über völlig unzureichende Mittel.
Eine Ursache für die anhaltenden Fluchtbewegungen über das südliche Rote Meer und den Golf von Aden ist die desolate humanitäre Lage der rund 23 Millionen Vertriebenen am Horn von Afrika. „Wir können die benötigte humanitäre Hilfe nicht leisten. Wir müssen ständig auf Notfälle reagieren“, sagte Ende 2023 der WHO-Koordinator für die Region Somalia, Richard Lang'at. Es herrsche Unterernährung, in den überfüllten Flüchtlingslagern der Region kämpfe die WHO gegen Cholera und Malaria. Die Rekord-Dürren der vergangenen Jahre haben die Zahl der Hungernden dort in die Höhe schnellen lassen.
Krieg im Jemen ist vielen unbekannt
Viele der Jugendlichen und Kinder, die sich von hier auf den Weg Richtung Jemen begeben, wissen nichts von dem Krieg dort. Und immer wieder gibt es Berichte über tödliche Schüsse der jemenitischen Armee auf Migrant:innen aus dem Golf von Aden.
Das Unglück in der Nacht zum Donnerstag ereignete sich am „Welttag gegen das Ertrinken“ am 25. Juli, den die UN 2021 ausgerufen hatten. Bisher starben in diesem Jahr nach offiziellen UN-Zählungen 3.863 Flüchtlinge und Migrant:innen auf der Flucht, 1.097 davon ertranken im Mittelmeer. Die spanische NGO Caminando Fronteras allerdings spricht von 5.054 Ertrunkenen seit Januar allein auf dem Seeweg zu den Kanarischen Inseln und in der Straße von Gibraltar. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bisher nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Zoff zwischen SPD und Grünen
Die Ampel? Das waren wir nicht!
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär