Schießerei in München: Was wir wissen und was nicht
Nach der Schießerei in München ist sehr vieles noch unklar. Zu Tätern und Hintergründen weiß man noch nichts Konkretes. Einiges ist aber bekannt. (Stand: 3.00 Uhr)
Was ist passiert? Laut Polizei hatten gegen 17.50 Uhr am Freitag erstmals Zeugen von einer Schießerei auf der Hanauer Straße berichtet, die sich später in das anliegende Olympia-Einkaufszentrum verlagert habe. Zeugen hätten von bis zu drei Bewaffneten Personen mit Schusswaffen gesprochen. Die Polizei ging im Laufe der Nacht jedoch nur von einem, inzwischen vermutlich von eigener Hand getöteten, Täter aus.
Wie viele Opfer gibt es? Sicher ist, dass Menschen ums Leben gekommen sind. „Eine traurige Nachricht: Die Zahl der Toten steigt auf 8“, schrieb die Polizei gegen 22.30 Uhr auf Twitter. Nach ein Uhr wurde mitgeteilt, dass ein weiteres Opfer seinen Verletzungen erlegen sei. Bislang sind 21 Verletzte durch die Polizei bestätigt worden. Später wurde ein weiterer Toter vermeldet, der der mutmaßliche Täter ist.
Wie viele Täter gibt es? Die Polizei ging zwischenzeitlich von bis zu drei Tätern aus. In ihrer Pressekonferenz in der Nacht auf Samstag war jedoch nur noch von einem einzelnen Täter die Rede.
Was weiß man über den oder die Täter? Der Schütze, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, habe mit hoher Wahrscheinlichkeit alleine gehandelt, teilte sie am frühen Samstagmorgen mit. Die Leiche des jungen Mannes sei etwa einen Kilometer vom Einkaufszentrum gefunden worden. Er habe sich sehr wahrscheinlich selbst getötet, sagte Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä.
Was weiß man über das Motiv? Bisher gar nichts. „Wir haben einen Terrorverdacht“, sagte ein Polizeisprecher am Freitagabend. Dieser bestehe auf Grundlage der Aussagen verschiedener Zeugen. Hinweis auf eine islamistischen Anschlag gibt es nicht. „Aktuell sind mir dazu keine Hinweise bekannt“, sagte ein Polizeisprecher am Freitagabend vor Journalisten. Auf Twitter bat die Polizei darum, sich mit Spekulationen zurückzuhalten.
Was ist das Olympia-Einkaufszentrum? Das OEZ im Stadtteil Moosach wurde für die Olympischen Sommerspiele 1972 gebaut und später mehrfach erweitert. Es ist laut Selbstdarstellung mit mehr als 135 Shops, Cafés und Restaurants auf zwei Etagen das größte Shoppingcenter in Bayern. Es liegt nur wenige hundert Meter vom Olympiastadion entfernt, rund sechs Kilometer nordwestlich der Altstadt.
Gab es Schießereien an weitere Tatorten? Offenbar nicht. Gegen 19.30 Uhr twitterte die Polizei, dass sie gerüchteweise von einer Schießerei in der Innenstadt gehört habe. Die Lage sei aber unklar. Kurz nach 20 Uhr meldete Reuters, dass es laut Feuerwehr am Karlsplatz (Stachus) wohl keine Schießerei gegeben habe. Gegen 21.30 Uhr schrieb die Polizei, sie könne außer der Hanauer Straße keine weitere Tatorte bestätigen.
Wer unterstützt die Polizei? Nach dem Attentat in einem Münchner Einkaufszentrum hat die Polizei Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern angefordert. Darunter ist auch das GSG9 der Bundespolizei, wie ein Polizeisprecher am Freitagabend der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die GSG 9 ist ein Spezialkommando der Bundespolizei und wird auch im Antiterrorkampf eingesetzt.
Wie ist die Lage in der Stadt? Das ist unklar. Die Polizei forderte die Bevölkerung auch auf Englisch, Französisch und später auch auf Türkisch dringend dazu auf, öffentliche Plätze zu meiden. Es gebe „starke Polizeikräfte in der gesamten City. Wir fahnden mit Hochdruck nach den Tätern“, twitterte die Polizei gegen 20.15 Uhr. Diese Warnungen wurden im Laufe der Nacht wieder aufgehoben. Zudem bat sie dringend darum, keine Fotos und Videos des Polizeieinsatzes im Internet zu veröffentlichen, um den Tätern nicht zu helfen. Der Bahn- und Busverkehr wurde in der gesamten Stadt eingestellt, der Hauptbahnhof geräumt. Laut Bahn gab es dort seit 19.45 Uhr keinerlei Zugverkehr mehr. Später wurde auch der komplette Verkehr auf der S-Bahn-Stammstrecke wegen des Polizeieinsatzes eingestellt. Das Tollwood-Festival, bei dem am Abend im Olympiapark mehrere Bands auftreten sollten, wurde nach Angaben der Polizei abgesagt. Die Menschen seien aufgefordert worden, nach Hause zu gehen, sagte ein Sprecher.
Was können Müncher tun, die nicht weiterkommen? Über die sozialen Medien wie Twitter werden unter dem Hashtag #offenetür Angebote gesammelt, wo Menschen unterkommen können, die nicht nach Hause kommen. Auch die Staatskanzelei hat ihre Türen geöffnet. Die Polizei hat ein Infotelefon für die Bürger geschalten. Telefon-Nr. 089/29101910. Zudem veröffentlichte sie die Nummer der zentralen Auskunfts- und Vermisstenstelle für Angehörige: 0800 7766350
Wie reagiert die Politik? Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat für Samstag um 11.00 Uhr eine Sondersitzung seines Kabinetts einberufen. Bundespräsident Joachim Gauck hat sich bestürzt geäußert. „Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst“, wurde Gauck in einer Mitteilung des Bundespräsidialamtes zitiert. US-Präsident Barack Obama bietet seine Unterstützung an. Tschechien verstärkte die Polizeistreifen im Grenzgebiet zu Deutschland. „Vor allem für den Fall, dass einer der Täter versuchen sollte, aus Deutschland zu fliehen“, sagte Innenminister Milan Chovanec.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben