Schanzenfest: Kretschmers Visionen
Der Besitzer der Roten Flora möchte das Straßenfest anmelden und organisieren und löst damit Irritationen aus - schließlich will der Senat es dulden.
Neue Kapriolen um das Schanzenfest im September. Einen Tag, nachdem der neue Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU), Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos) und Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (Grüne) verkündeten, das nicht angemeldete und selbstorganisierte Straßenfest auf der Schanze zu dulden, erklärte der Event-Investor und Besitzer des Stadtteilzentrums Rote Flora Klausmartin Kretschmer in den Medien, er wolle nun das Straßenfest zur Befriedung der Situation anmelden. "Es liegt ein Fax seiner Immobiliengesellschaft vor", sagt Altonas Bezirksamtssprecherin Kerstin Godenschwege verblüfft. "Wir sprechen mit ihm."
Am Dienstag nach der Senatssitzung schien die Kuh vom Eis. Nach wochenlangen Querelen um das alternative Fest fasste sich der neue Senat ein Herz: Zusammen mit Bezirksamtsleiter Warmke-Rose erklärte er, dass das Schanzenfest am 4. September auch ohne Anmeldung neben dem Alstervergnügen geduldet werde. Damit kam der schwarz-grüne Senat einer Forderung Warmke-Roses nach.
Dieser hatte im vorigen Jahr das jahrelang friedlich verlaufene Schanzenfest ohne Anmeldung "qualifiziert geduldet", da er keinen Zusammenhang mit der meist anschließend stattfindenden Randale gesehen hatte. Als es danach zu Krawallen kam, obwohl klar war, dass diese nicht direkt mit dem Fest zu tun hatten, war Warmke-Rose von den Springer-Medien attackiert worden.
Diesmal drohte er offen mit einem Verbot, wenn nicht der Senat die politische Rückendeckung übernehme. Das hat er nun getan. "Das, was wir wollten, ist geschehen", sagt Godenschwege. "Wir wissen auch nicht, warum Herr Kretschmer jetzt damit um die Ecke kommt und was das soll." Der Bezirk Altona werde trotz "Irritationen" dennoch Kretschmers Ansage prüfen: "Es wird Ende der Woche ein Gespräch stattfinden", so Godenschwege. Dabei gehe es um eine mögliche Haftpflichtversicherung, Verkehrsmaßnahmen und Absperrungen, Sicherheitsauflagen und Ansprechpartner. Wir werden gucken, ob er das überhaupt erfüllen will, sagt Godenschwege, oder ob Kretschmer ganz andere Interesse verfolge. So möchte Kretschmer die Rote Flora gern veräußern, die Stadt würde die Immobilie für 1,2 Millionen Euro Verkehrswert wohl auch zurückkaufen, aber nicht zum Preis von fünf Millionen Euro, den Kretschmer verlangt.
Wenn Kretschmer die Verkehrsabsperrungen durch eine private Firma gewährleisten lässt, könnte es mit den Ansprechpartnern Probleme geben. Denn der Veranstalterkreis des Festes "Schanze rockt" redet nicht mit dem Millionär. "Das Fest ist genehmigt, es ist geduldet", sagt Rechtsanwalt Marc Meyer, der als Vermittler zwischen Veranstalter und Bezirk Altona tätig ist. "Da kann Herr Kretschmer nicht profilneurotisch ein eigenes Fest anmelden." Außerdem bräuchte man bei einer solchen Veranstaltung verbindliche Ansprechpartner, wenn mal etwas nicht ganz rund laufe.
In der Rote Flora schütteln viele nur den Kopf. "Das Schanzenfest ist eine Demonstration für die Rote Flora", sagt einer. "Der ist völlig durchgeknallt, wenn er jetzt gegen sich selbst eine Demonstration organisieren möchte."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben