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Schäubles Visite in GriechenlandUnter Freunden

Beim ersten Besuch seit Beginn der Krise lehnt der Finanzminister einen neuen Schuldenschritt ab. Gleichzeitig sagt er dem Land weitere Unterstützung zu.

Während Schäuble einen Lorbeerkranz überrecht bekam, waren in Athen 4.000 Polizisten im Einsatz um Demonstration zu unterbinden. Bild: dpa

ATEHN taz | Wolfgang Schäuble (CDU) und sein Athener Amtskollege Jannis Stournaras können miteinander. Das dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass der deutsche Finanzminister sich am Donnerstag erstmals seit Beginn der Krise nach Griechenland gewagt hat – dabei gilt er in Athen manchem Kommentator als „meistgehasster Politiker Europas“.

Für Schäubles Kurzbesuch wurden in Athen Sicherheitsmaßnahmen getroffen wie nie zuvor: 4.000 Polizisten waren im Dauereinsatz, rund um das Parlament herrschte eine Bannmeile, Demonstrationen wurden durch Polizeiverfügung untersagt. Polizei-Helikopter kreisten über der griechischen Hauptstadt, alle U-Bahn-Stationen in der Innenstadt blieben gesperrt.

Wenige Stunden vor seiner Ankunft hatte das Parlament trotz heftiger Protestkundgebungen mit nur zwei Stimmen Mehrheit ein Sparpaket verabschiedet. Demnach sollen bis Ende 2014 nochmals 15.000 der 700.000 Staatsbediensteten entlassen werden – davon 4.000 dieses Jahr. Zudem wird die Luxussteuer wieder eingeführt. Damit ist der Weg frei für die Auszahlung einer 2,5-Milliarden-Euro-Tranche der internationalen Geldgeber.

Für die Stellenstreichungen macht die Opposition den deutschen Finanzminister direkt verantwortlich. Die Linkszeitung Avgi begrüßt den Gast aus Deutschland gar mit der Schlagzeile: „Ave Schäuble – Die Todgeweihten grüßen dich“.

Der brachte immerhin Gastgeschenke mit: einen Vorvertrag für die Gründung eines Investitionsfonds nach Art der deutschen KfW-Förderbank mit einem Kreditvolumen in Höhe von 500 Millionen Euro, davon ein Fünftel deutsche KfW-Mittel.

„Große Schritte“

Athen habe „große Schritte“ bei der Krisenbewältigung und beim Sparen gemacht, sagte Schäuble vor der Deutsch-Griechischen Handelskammer. Einen neuen Schuldenschnitt lehnte er ab: Der sei „nicht machbar“ und „schon die Diskussion darüber schädlich“. Stattdessen forderte er die Privatisierung weiterer Staatsbetriebe und ein effizienteres Steuersystem.

„Uns eint viel mehr, als uns trennt“, versuchte Stournaras gute Stimmung zu machen. Schäuble habe „immer ehrlich gesprochen über Griechenland und die Griechen“, schmeichelte er und gab sich zuversichtlich: Wer suche, werde auch „einvernehmliche Lösungen finden“, behauptete der Grieche – und nannte als Beispiel dafür ausgerechnet die geplante EU-Bankenunion, bei der Berlin praktisch mit dem gesamten Rest der EU über Kreuz liegt.

Schäubles Investitionsfonds für kleine und mittlere Unternehmen wurde in Athen dennoch positiv aufgenommen. Fraglich ist nur, ob so wenig Geld viel bewirken kann: Das Athener Wirtschaftsministerium schätzt den rezessionsbedingten Kapitalausfall in der griechischen Privatwirtschaft auf über 15 Milliarden Euro im Jahr.

Bedeckt hielten sich beide Seiten in der Frage einer möglichen Finanzierungslücke im Staatshaushalt. Die griechische Regierung geht offiziell noch davon aus, 2013 ohne Defizit auszukommen, Schäuble will, dass die Griechen ein mögliches Loch selbst stopfen.

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2 Kommentare

 / 
  • L
    leserin

    Zu den Sparmaßnahmen gehören auch die Streichung von überbetrieblichen Ausbildungsberufen, das betrifft satte 60.000 Jugendliche. Außerdem mußte Minister Michalis Chrysochoidis erneut zugegeben, das Gesetzespaket nicht gelesen zu haben; beim ersten war er voll beschäftigt mit

  • A
    Anstand

    Die Griechen könnten ihr Problem leicht in den Griff kriegen. Sie brauchen sich nur an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern. Da gab es den Marshall-Plan, der uns wieder auf die Beine half. Die Alliierten, voran die Amerikaner, die wollten, im Interesse einer gemeinsamen Gegnerschaft gegenüber dem Ostblock, ein starkes Deutschland. So wurde beschlossen, die Reparationsforderungen, auch gegenüber Griechenland, nicht wirksam werden zu lassen. Die Opfer unter der griechischen Bevölkerung, ihre Leiden, blieben also unbeachtet im Interesse der späteren kalten Krieger.

     

    Die nationale Würde der Griechen blieb also verletzt.

    Jetzt müssen gerade die Bevölkerungsschichten, hier gerade wieder die Arbeiter und kleinen Leute, die schon alleingelassen wurden in der Nachkriegszeit, erneut auf ihre Würde verzichten. Jetzt ist es an der Zeit für eine Wiedergutmachung und damit für einen Schuldenerlass für das von europäischen Kapitalinteressen arg gebeutelte Land. Gerade wir Deutschen sollten daran an besonderes Interesse haben.