Schadstoffe in Markenklamotten: Gift auf dem Catwalk
Bekleidung großer Modelabels enthält oft hormonell wirksame und krebserregende Substanzen. Greenpeace fordert eine umweltfreundliche Produktion.
BERLIN taz | Nicht nur Billighersteller, auch führende Modemarken setzen bei der Produktion von Kleidung häufig umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien ein. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Analyse der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die dazu Jeans, Hosen, Kleider, T-Shirts und Unterwäsche auf Weichmacher, krebserregende Amine und andere Schadstoffe untersuchen ließ.
Insgesamt 141 Kleidungsstücken aus 29 Ländern ließ die Organisation in unabhängigen Laboren untersuchen. In 63 Prozent davon wurden sogenannte Nonylphenolethoxylate (NPE) gefunden, deren Abbauprodukte den Hormonhaushalt beeinflussen können. Das Kleidungsstück mit dem höchsten NPE-Gehalt ist ein T-Shirt der niederländischen Textilienkette C&A, das etwa 45 Gramm pro Kilogramm enthielt. Es wurde in Mexiko produziert und verkauft. Auch in Textilien von Mango, Levi’s, Calvin Klein und Zara wurde NPE nachgewiesen. Zwei Produkte der spanischen Bekleidungskette Zara enthielten darüber hinaus Azofarbstoffe, die krebserregende Amine freisetzen.
Mehr als 30 Produkte besaßen einen plastisolhaltigen Aufdruck, in dem in allen Fällen Weichmacher, sogenannte Phthalate, gefunden wurden. Die höchsten Konzentrationen wurden bei zwei Tommy-Hilfiger-Produkten nachgewiesen: Der Weichmacher-Anteil lag bei 36 beziehungsweise 20 Prozent des Aufdruck-Gewichts.
Schädlich von Anfang bis Ende
Greenpeace kritisiert vor allem die Fertigung schnelllebiger Massenware, die nicht lange getragen und dann weggeworfen wird. Dies schade vor allem der Umwelt: „Modemarken missbrauchen weltweit Flüsse als private Abwasserkanäle und verschmutzen so das Trinkwasser von Millionen Menschen“, erklärte die Greenpeace-Mitarbeiterin Christiane Huxdorff.
Auch wenn Textilien in China, Mexiko oder Pakistan produziert worden seien, „sind die eingesetzten Schadstoffe in unserem Blut nachweisbar“. Damit schadeten Textilchemikalien „von der Produktion bis zur Entsorgung“ Umwelt und Gesundheit. Im vergangenen Jahr hatten Untersuchungen der Umweltschutzorganisation belegt, dass Textilchemikalien durch Fabrikabwässer im Herstellungsland und die Haushaltswäsche im Absatzland freigesetzt werden können.
Nach der Veröffentlichung der internationalen Studie in der Nacht auf Dienstag in Peking waren die Reaktionen der betroffenen Modelabels zunächst verhalten. Das Unternehmen Inditex etwa, zu dem Zara gehört, gab an, die Ergebnisse der Studie seien ihr bislang unbekannt. C&A dagegen kündigte an, das beanstandete NPE-haltige T-Shirt vom mexikanischen Markt zu nehmen. Von Tommy Hilfiger war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen. Greenpeace testet im Rahmen der „Detox-Kampagne“ regelmäßig Textilien auf giftige Chemikalien. Ziel ist, die Substanzen aus der Produktion gänzlich zu verbannen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind