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Sauerstoffmangel in der Elbe100 Tonnen tote Fische

Die jüngste Hitzewelle hat zu einem Fischsterben in der Elbe geführt. Die Elbvertiefung werde das noch künftig noch verschärfen, warnt der BUND.

Etwa 100 Tonnen tote Fische wurden angeschwemmt: Auch Stinte waren dabei. Bild: dpa

HAMBURG taz | Paul Schmid freute sich über den Schauer am Donnerstagnachmittag: „Nur Regen und sinkende Temperaturen können die Katastrophe verhindern“, sagte der Sprecher der Hamburger Umweltorganisation BUND. Denn die jüngste Hitzewelle hat zu einem Fischsterben in der Elbe geführt. Bisher sind unterhalb des Hamburger Hafens etwa 100 Tonnen tote Fische angeschwemmt worden, vor allem Meerforellen, Aale und Stinte. Dramatisch sei die Lage vor Wedel, sagt Schmid: „Die Situation ist im orangenen Bereich.“

Seit Tagen beträgt der Sauerstoffgehalt im Wasser nur noch etwa 1,5 Milligramm pro Liter, der für Fische lebensnotwendige Mindestwert liegt doppelt so hoch. Normal sind sechs bis acht Milligramm. Ein Auslöser der Sauerstoffarmut ist eine verstärkte Algenblüte in dem mehr als 24 Grad warmen Wasser. Dieser Wert wird seit Tagen überschritten. Absterbende Algen zersetzen sich am Grund und verbrauchen dabei Sauerstoff – der dann den Fischen fehlt.

Der zweite Grund ist nach Ansicht von Schmid die Ausbaggerung der Elbe. Seit zwei Wochen baggert die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) die Zufahrtswege zu den Containerterminals frei, um Einschränkungen des Schiffsverkehrs zu vermeiden. Wegen eines „extrem niedrigen Zuflusses aus dem Oberlauf der Elbe“ sei es zu verstärkten Ablagerungen gekommen, teilt die HPA mit: „Die Situation im Hafen ist kritisch.“

Sauerstoffarme Perioden werden mehr

Der beim Baggern aufgewirbelte Schlick „enthält viel organisches Material“, sagt Schmid, das wiederum Sauerstoff verbraucht. „Es besteht die Gefahr vermehrter Sauerstofflöcher in den Sommermonaten, wodurch die Fischfauna geschädigt wird“, prophezeite schon vor zwei Wochen BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch im Hinblick auf die geplante nächste Elbvertiefung. Deshalb sei das Projekt „ökologisch nicht vertretbar“.

Seit der vorigen Elbvertiefung von 1999 ist die Zahl sauerstoffarmer Perioden deutlich angestiegen. In den Sommern 2002, 2003 und 2006 wurde die Drei-Milligramm-Grenze an jeweils mehr als 35 Tagen unterschritten.

Die Hamburger Umweltbehörde hofft hingegen auf „eine Entspannung durch den Wetterumschwung“.  

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1 Kommentar

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  • Die in den Sommermonaten in der Tideelbe auftretenden Sauerstoffmangelsituationen stellen auf dramatische Weise den Beleg für die unzureichende Gewässergüte dar. Unter naturnahen Verhältnissen würden die Süßwasseralgen erst im Mündungsbereich der Elbe absterben, da dort der Salzgehalt für diese Arten dann zu hoch wird. Dass sie bereits im Hamburger Hafen verfrüht absterben, liegt daran, dass hier der seeschifftiefe Bereich beginnt. Dies hat zur Folge, dass aufgrund der turbulenten Strömungsverhältnisse und der Unfähigkeit der Algen sich aktiv an der Gewässeroberfläche zu halten, diese zu lange in nicht mehr ausreichend lichtdurchfluteten Wasserschichten verweilen. Ihre Photosyntheserate sinkt unter ein kritisches Maß, sie sterben ab und werden unter Sauerstoffverbrauch von Mikroorganismen abgebaut. Je wärmer das Gewässer ist, umso schneller geschieht dies. Je weniger Wasser aus der Mittelelbe in die Tideelbe strömt, umso größer ist die Aufenthaltszeit des Wassers im Hafenbereich. Alles zusammen führt zu den derzeit katastrophalen Bedingungen für Fische. Dieser unzureichende ökologische Zustand darf sich nicht nur nicht noch weiter verschlechtern, im Gegenteil: Sowohl die europäische Wasserrahmenrichtlinie als auch das deutsche Wasserhaushaltsgesetz schreiben vor, dass die Gewässer hin zu einer guten Qualität zu entwickeln sind. Hiervon sind wir in der Tideelbe noch weit entfernt.