Saudi-Arabien und seine Sportstrategie: Auf dem Weg, Katar zu übertrumpfen
Saudi-Arabien investiert mächtig in den Fußball. Zwei Klubs aus der Premier League stehen auf dem Einkaufszettel und Ronaldo gewiss auch.
Abdulaziz bin Turki Al-Faisal ist in Kauflaune. Der Sportminister von Saudi-Arabien, übrigens ein früherer Rennfahrer, erinnert in seinem Gebaren, das Geld sprechen zu lassen, an eine Figur aus der deutschen Fernsehserie „Kir Royal“: Der rheinische Fabrikant Heinrich Haffenloher sagt da zum Klatschreporter Baby Schimmerlos die mittlerweile legendären Worte: „Isch schieb et dir hinten und vorne rein. Isch scheiß dich sowat von zu mit meinem Geld, dass de keine ruhige Minute mehr hast. Und die Versuchung is’ so groß, da nimmstes und dann hab isch dich, dann jehörste mir. Und dann biste mein Knecht.“
Al-Faisal ist seit Tagen an zwei Fronten aktiv. Zwei delikate Happen liegen am Investorenbuffet bereit: die englischen Fußballklubs Manchester United und FC Liverpool. Und dann ist da noch Cristiano Ronaldo zu haben. Wer kann da schon widerstehen?
Seit dem Jahr 2005 nennt die US-Familie Glazer den englischen Rekordmeister Manchester United ihr Eigen. Nun ziehen sie einen Verkauf in Betracht. „Wir werden sehen, wo das hinführt“, sagte Avram Glazer unlängst dem TV-Sender Sky News. Der 62-Jährige ist seit dem Tod seines Vaters Malcolm im Jahr 2014 auch United-Vorsitzender – gemeinsam mit seinem Bruder Joel. Drei Wochen vorher war bekannt geworden, dass die US-amerikanische Fenway Sports Group (FSG), seit 2010 Inhaberin des FC Liverpool, ebenfalls offen für Angebote ist.
Laut einem Bericht der englischen Sportzeitung The Athletic schätzen Experten den Verkaufswert auf über fünf Milliarden Dollar – mehr als das Zehnfache der 343 Millionen, die die vom US-Geschäftsmann John W. Henry gegründete FSG im Jahr 2010 für den FC Liverpool bezahlt hatte.
Bald eine Golf League in England
Bereits im Besitz der Saudis ist der Premier-League-Klub Newcastle United. Ein saudisches Konsortium hält 80 Prozent der Anteile. Einige Fans schwenken schon die grüne Fahne Saudi-Arabiens, und geht es nach Sportminister al-Faisal, der weitere Investments aus dem saudischen „Privatsektor“ in die Premier League ausdrücklich gutheißt, dann könnte aus der Champions League bald eine Golf League werden, denn Manchester City ist seit Längerem in der Hand der Vereinigten Arabischen Emirate, Paris St. Germain gehört den Katarern.
Ihr Einfluss auf andere Klubs wie den FC Barcelona oder AS Rom ist groß. Der Bieterwettstreit um die beiden englischen Klubs hat also begonnen. Die Saudis haben freilich Konkurrenz. Apple soll Interesse gezeigt haben, ebenso wie David Beckham und das spanische Textilunternehmen unter der Führung von Amancio Ortega, dem „Zara“-Gründer.
Im Sack schien auch der Deal mit Cristiano Ronaldo, 37. Bis zum Donnerstag wurde berichtet, dass der Altstar zum Klub Al-Naffra, was auf Arabisch Sieg bedeutet, wechselt. Von seinem alten Arbeitgeber, Manchester United, hatte er sich unrühmlich verabschiedet. Über 220 Millionen Dollar in knapp drei Jahren waren Ronaldo bei Al-Naffra in Aussicht gestellt worden. Wie die englische Boulevardzeitung The Sun jetzt offenbarte, hat er das Vertragsangebot aber doch abgelehnt, weil er weiter in der Champions League spielen wolle.
Ronaldo verbindet mit Saudi-Arabien durchaus positive Erinnerungen. Im Jahr 2019 gewann er als Angestellter von Juventus Turin den italienischen Supercup in Dschidda. Auch die spanische Liga hat das Duell des Meisters mit dem Pokalsieger in die Wüste verlegt,und lässt sich diesen Transfer teuer bezahlen.
Saudi-Arabien verfolgt seit 2016 die Strategie des globalen Sportinvestments, als Teil des Entwicklungsplanes 2030. „Die Vision 2030 hat die Schaffung von Profisport und einer Sportindustrie als eines ihrer Ziele festgelegt. Das wird nicht nur potenziell Tausenden von Saudis Arbeitsplätze bieten, sondern auch die Lebensqualität für alle, die im Königreich leben, verbessern“, so Fahad Nazer, Sprecher der saudi-arabischen Botschaft in Washington. Er spricht damit al-Faisal aus dem Herzen: Nach dem Ölbusiness kommt das Sportbusiness, unter anderem. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Wohlstand und Einfluss langfristig gesichert werden können.
Es gibt einen 650-Millionen-Dollar-Deal mit der Formel 1, sehr viele Millionen wurden in die neue LIV-Golfserie gesteckt. Lionel Messi wirbt für den saudischen Tourismusverband. Eine langfristige Partnerschaft besteht mit der Wrestling-Organisation WWE, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Königreich hat zudem die Boston Consulting Group angeheuert, um sein Interesse an der Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft in nicht allzu ferner Zukunft durchzusetzen. Der spanische Fußballverband streicht in einem Dreijahreszeitraum 145 Millionen Dollar ein. Und asiatische Winterspiele wird es im Jahr 2029 auch in Saudi-Arabien geben, in Trojena. Winterspiele? Ja, Winterspiele.
Trojena ist Teil der futuristischen Planstadt „Neom“, die sich 170 Kilometer entlang des Roten Meeres erstrecken soll. Bisher stehen allerdings erst wenige Gebäude des geschätzt 500 Milliarden Dollar teuren Projekts. Der größte Teil des Gebiets ist karges Wüstengebiet, die Planspiele sehen im Netz freilich beeindruckend aus. Sportminister al-Faisal war beglückt nach der Nominierung: „Dies ist ein großartiger Sieg für die saudische Nation und die ganze Golfregion.“ 2034 kommen überdies die Asienspiele nach Saudi-Arabien. Die Golf Games, also Sportveranstaltungen im reichen Petrolistan, werden über Jahrzehnte das Bild internationaler Wettkämpfe prägen. Die Katarar haben es vorgemacht, die Saudis wollen den Kleinstaat nun übertrumpfen. Al-Haffenloher ist zum Äußersten bereit.
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