Sasha Waltz beim Staatsballett: Der Tanz an die Spitze
Sie leitete die Schaubühne, bespielte die Sophiensæle und wird nun in einer Doppelspitze Intendantin des Staatsballetts: Sasha Waltz.
Also doch. Warum nicht gleich? Bereits vor dreieinhalb Jahren war die Choreografin Sasha Waltz als Intendantin des Staatsballetts Berlin im Gespräch, aber es wurde nichts draus. Der spanische Tänzer Nacho Duato kam, den außer dem damals Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit niemand in Berlin haben wollte.
Sasha Waltz blieb bei ihrer unterfinanzierten Kompanie Sasha Waltz & Guests und tourte weiter durch die Welt. Aber nun, kurz vor den Wahlen in der Stadt, macht der aktuelle Regierende Bürgermeister und Kultursenator Michael Müller alles wieder gut: Waltz wird zusammen mit Johannes Öhman, dem Direktor des Royal Swedish Ballet, in einer Doppelspitze ab 2019 das Staatsballett als Intendantin übernehmen.
Sasha Waltz’ Gang durch die Tanzwelt hat Format. Mit Pippi-Langstrumpf-Frisur eroberten sie und ihre Mitstreiter einst die Sophiensæle, einen der heute wichtigsten freien Spielorte der Stadt. Das war eine Art Teilchenbeschleuniger für die zeitgenössische Berliner Tanzszene, die gegenwärtig eine der populärsten der Welt ist.
Mit ihrem Eröffnungsstück „Allee der Kosmonauten“ von 1996, einem liebevoll-komischen Tanztheater über das Leben in den Plattenbauten von Berlin-Marzahn, schrieb sie praktisch über Nacht Tanzgeschichte. So ging es weiter: schnelle, witzige, psychologische Stücke, das Leben wie ein Ikea-Schrank, aus dem die Hinterwand herausfällt. Und immer wieder „Dialoge“: Gespräche zwischen Tanz und Architektur.
Eroberung der Tanzwelt
2000 ging sie zusammen mit dem Kulturarbeiter und Regisseur Jochen Sandig, der schon bei der Sophiensæle-Gründung dabei war, ins Leitungsteam der Schaubühne. Der Streit ums Geld in Hinblick auf eine gerechte Verteilung von Tanz und Theater ließ sie 2004 wieder gehen. Aber Sandig hatte schon das nächste Objekt in Sicht, das Radialsystem V am Spreeufer, wo Waltz mit ihrer Kompanie 2006 einzog. Es entstand ein neues künstlerisches Format, die Choreografische Oper – kein Fagott war mehr sicher im Orchestergraben. Mit diesem Format eroberte Sasha Waltz die großen europäischen Opernhäuser, von St. Petersburg über Paris bis Amsterdam.
Die Übernahme der Leitung des Staatsballetts, als Ballett der drei Berliner Opernhäuser, ist die schlüssige Konsequenz dieser Entwicklung. Nur Jochen Sandig fehlt dieses Mal. Die Kompanie Sasha Waltz & Guests, die er ebenfalls mitbegründet hat, soll aber weiter bestehen. Sie verlässt ihn also nicht, sie verlässt sich auf ihn – denn anders wird dieses Doppelpensum kaum zu stemmen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!